Die 15. Infanteriedivision im Zweiten Weltkrieg Vom Dnjepr zum Donez (18.2. - 4.3. 1943) Im Februar 1943 waren starke sowjetische Kräfte im Begriff, in eine Lücke zwischen der zuvor aufgebauten Miusfront und deutschen Truppen bei Poltawa einzudringen. Der ganze Südflügel der deutschen Ostfront geriet in die Gefahr, von den Verbindungen abgeschnitten zu werden. Vorausabteilungen der Russen näherten sich außerdem bereits gefährlich dem Hauptquartier der Heeresgruppe Süd in Saporoshje. Der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Süd, Generalfeldmarschall Erich von Manstein, wandelte -wie im vorangegangen Kapitel näher beschrieben- diese Krise noch einmal in einen großen deutschen Abwehrerfolg im Osten. Dazu zog er die 4. Panzeramee aus der Miusfront und beauftragte deren Oberkommando mit dem Gegenangriff gegen die in die Lücke eingedrungenen Feindkräfte. Dazu wurden der 4. Panzerarmee weitere Kräfte unterstellt- am 22. Februar 1943 auch die 15. Infanteriedivision.   Am 18. Februar war das vorausbeförderte Personal (V.P.) der 15. I.D. bereits in Dnjepropetrowsk eingetroffen. Der Divisionskommandeur, General Buschenhagen, war vorausgeflogen. Doch lag er zwischenzeitlich auf dem Flugplatz Winniza wegen des schlechten Wetters fest und konnte so erst nachmittags am 21. Februar die Division erreichen. Daher wurde der erste Einsatz der 15. I.D. im zweiten Ostwinter vom ersten Generalstabsoffizier (I a), Oberstleutnant Wilhelm Willemer geleitet. Direkt von der Heeresgruppe kam der Auftrag, den Raum Dnjeprpetrowsk und den für die Versorgung der Mius- Krim- und Kubanfront lebenswichtigen Eisenbahnknotenpunkt Sinelnikowo zu sichern. Eine Zerstörung der Bahn- und Betriebsanlagen musste unbedingt verhindert werden. Doch wurde in Sinelnikowo bereits hart gekämpft: Ein schwache Kampfgruppe (Büssing) verteidigte sich gegen überlegene angreifende Feindkräfte. Der Bahnbetrieb war nach dorthin bereits eingestellt worden. Auf dem Divisionsgefechtsstand in Usel, einem Durchgangsbahnhof nordostwärts Dnjeprpetrowsk, entschloss sich der I a Willemer, die ersten eintreffenden Transportzüge der gerade aus Frankreich kommenden 15. I.D. direkt in den Feind hinein nach Sinelnikowo zu leiten. In der Nacht vom 19. auf den 20. Februar 1943 wurde deshalb “das Bahnpersonal zusammen- getrommelt, die mit Pferden und Fahrzeugen beladenen Waggons abgehängt, und unter Führung des Hauptmann Berckel fuhren drei Kompanien des G.R. 88 mit den Gewehrmündungen nach außen gerichtet in den Feind.” (Willemer) Das Wagnis gelang. Der vorderste Zug und gleich darauf zwei weitere erreichten unangefochten ihr Ziel. Damit waren ein Bataillonsstab, 6 Schützenkompanien, eine M.G.-Kompanie und 3 Panzerabwehrkanonen in dem gefährdeten Ort eingetroffen.” (Willemer [1], S. 121) Sofort nach dem Ausladen traten diese Truppen in schwere Nachtgefechte gegen russische Infanterie und Panzer. Der Gegner hatte nun die Gefahr erkannt und die Bahnlinie nach Sisnelnikowo gesperrt, so dass nachfolgende Truppen der 15. I.D. sich ihren Weg in die Stadt erkämpfen mussten. Die große Lage begann sich inzwischen zu wandeln. Die von Norden angreifenden SS-Panzer- Grenadierdivisionen “Totenkopf” und “Das Reich” fielen dem sowjetischen Stoßkeil bei Nowomoskowsk in die Flanke. Auch der linke Flügel der 1. Panzerarmee, die 4. Panzerarmee und die Armeeabteilung Kempf griffen an. Die Heeresgruppe Süd konnte in der Folge die Front entlang des Donez stabilisieren, Charkow wiedererobern und eine feste Front bis zum Anschluss an die Heeresgruppe Mitte herstellen. Quelle:  [ 1 ] “Das II./Gren.Rgt.88 hatte am 23.2. 1943 erhebliche Verluste bei dem Angriff auf Parny ostwärts Sinelnikowo. Das Batl. war dort im Zusammenwirken mit Teilen SS-Reich zur Wegnahme des stark besetzten Dorfes angesetzt und griff das Dorf frontal an, während die SS rechts umfassend vorging. Der Angriff gewann zunächst wenig Boden, hatte aber dann Erfolg. Eigene Artillerie- Unterstützung durch zwei le. Battr. war vorhanden. Der Gegner in Stärke von 1-2 Batl. wehrte sich zäh und mußte einzeln totgeschlagen werden.” Quelle:  [ 31, BA-MA RH 26-15 “Bericht über die hohen Ausfälle der Div. während des bisherigen neuen Osteinsatzes” ] Während das G.R. 88 also bei Sisnelnikowo und das G.R. 106 nordwestlich davon kämpfte, wurde das Grenadierregiment 81 und das Pionierbataillon 15 bei Wolnoje (nördlich Nowomoskowsk) eingesetzt. Quelle:  [ 1 ] Im Armeebefehl der 4. Panzerarmee vom 24. Februar 1943, in dem Generaloberst Hoth die Einzelheiten des am nächsten Tag beginnenden Angriffs in gegnerische Verstärkungsanmärsche nordöstlich des Flusses Samara hinein festlegte, heißt es zur Lage u.a.: „Feind [wurde] südlich der Samara durch schneidiges Zufassen des SS-Pz.Korps und der 15. ID mit Masse vernichtet.“ Quelle:  [ 8 ] Nach diesen Kämpfen begann der mühevolle und eilige Vormarsch zum Donez. Drei Marschgruppen gingen über Nowomoskowsk, Orelka, Losowenka vor mit der Aufgabe, „alle in ihrem Vormarschstreifen angetroffenen Feindteile zu vernichten.“ (Schwarz [8], S. 167) Die 15. I.D. wurde während des Vormarsches vom Westflügel auf den Ostflügel der 4. Panzerarmee verschoben. Tauwetter verdrängte zunehmend den leichten Frost. Die Dvision hatte entschieden, die Schneeschuhe und Schlitten in Dnjeprpetrowsk zurück zu lassen. Sie wären bei den zunhemend grundlosen Wegen nur unnötiger Ballast gewesen. Mehrmals versuchten feindliche versprengte Truppenteile sich aus der deutschen Umklammerung zu befreien, wobei es wiederholt zu Gefechten kam. Quellen:  [ 1, 8 ] In der Nacht vom 28. Februar auf den 1. März 1943 übernachtete das I. Bataillon des G.R. 106 im Ortsbiwak in Terni, westlich von Orelka. Plötzlich wurde das Dorf überraschend von 600 Mann russischer Infanterie und 11 Panzern angegriffen. Der Gegner hatte die Wachen überrollt und schoss nun in die mit Truppen belegten Häuser. “In schwerem Nachtgefecht kämpfte das Bataillon um sein Leben” (Willemer [1], S. 121) Das II. und III. Bataillon und Teile der Radfahrabteilung 15 und der Panzerjägerabteilung 15 eilten zur Hilfe, so dass das Dorf im Morgengrauen in eigene Hand gebracht werden konnte. Die russische Kampfgruppe, die von einem General geführt wurde, war restlos zerschlagen. Neun der elf Panzer wurden vernichtet und über 430 gefallene russischen Soldaten blieben auf dem Schlachtfeld zurück. Doch waren auch die eigenen Verluste hoch: 50 Gefallene und 100 Verwundete waren zu beklagen.   Quelle:  [ 1  ] Der Divisionskommandeur Buschenhagen musste später die Verluste der Division nach oben begründen und erwähnt dabei auch den Überfall auf Terni: “Am 1.3. hatte das I./Gren.Rgt.106 erhebliche Ausfälle durch Angriff im Morgengrauen durch 10 russische Panzer und etwa 600 Mann Infanterie unter Führung des Komn. Generals des XXV.russ.Pz.Korps, General Pawloff, dabei die Stäbe einer Reihe von Panzer- oder Schützenbrigaden. Die Panzer drangen im Dunkeln, nach dem sie die Sicherungen und eine Pak überfahren hatten, überraschend in das Dorf ein. Der Pak gelang es vorher 1 Panzer abzuschießen. Die Panzer drangen durch das Dorf hindurch und schossen auf in die von der Truppe belegten Häuser, wodurch die hohen Verluste entstanden. Nachdem die Truppe erst aus den Häusern heraus war, wurde sie sowohl mit den Panzern als auch der Infanterie fertig. Fast alle Panzer und gesamte Infanterie wurden vernichtet.” Quelle:  [ 31, BA-MA RH 26-15 “Bericht über die hohen Ausfälle der Div. während des bisherigen neuen Osteinsatzes” ] Nach Gefangenenaussagen befand sich  auch der russische Armeeführer (Jerinow) unter den Gefallenen. “Nach Abgang der betreffenden Meldung stellte sich bei weiteren Vernehmungen Gefangener heraus, dass der gefundene General nicht der Oberbefehlshaber, sondern dessen Stabschef war. Inzwischen war aber die erste Meldung bereits im Wehrmachtsbericht gelandet. Eine diskrete Besprechung zwischen dem I a und [dem für die Vernehmungen zuständigen Feindlageoffizier] I c kam zu dem Ergebnis: “Mund halten!”. Dieser Entschluss war richtig, denn von Jerinow wurde nie wieder etwas gehört. Vielleicht ist er an anderer Stelle unerkannt gefallen.”  (Willemer [1], S. 121/122) Am 3. März 1943 erreichte die 15. Infanteriedivision mit ihren Spitzen den Raum östlich und westlich von Losowenka, jedoch hing das G.R. 106 noch einen Tagesmarsch zurück. Einen Tag später wurde die 15. I.D. dem LVII. Panzerkorps (General Kirchner, Chef: Oberst Laegeler) unterstellt, dem die Division mit wenigen Unterbrechungen über ein Jahr angehören sollte. Quelle:  [ 1  ] Eberhard Schwarz schreibt dazu in seiner Veröffentlichung “Die Stabilisierung der Ostfront nach Stalingrad” (S. 182):  „Generaloberst Hoth, der General von Knobeldorf und seinen Stab von der Verantwortung für die sich als langwierig abzeichnende Säuberung des Donez-Ufers entlasten wollte, unterstellte die 17. Panzerdivision und die an den rechten Armeeflügel verschobene 15. Infanteriedivision mit Zeitpunkt ab dem 4. März dem Generalkommando des LVII. Panzerkorps, das hierfür von seiner nur kurze Zeit ausgeübten Führungstätigkeit südlich des Orel wieder entbunden wurde.“ Quelle:  [ 8 ] 200 lange Marschkilometer auf schlechtesten Wegen lagen hinter der Division. Am Abend des 3. März 1943 ging folgender Befehl von der 4. Panzerarmee ein: “Division gewinnt die Übergänge im Abschnitt Ssawinzy- Balakleja und löst die südlich Balakleja stehenden Teile der 17.Pz.Div. baldigst ab.” Quelle:  [ 31, BA-MA RH 26-15 “Bericht über die hohen Ausfälle der Div. während des bisherigen neuen Osteinsatzes” ]   Der Versuch, diesen kurzen Befehl umzusetzen, sollte langwierige, schwere Kämpfe nach sich ziehen.    Die Gegenoffensive Mansteins im Süden der Ostfront im Februar / März 1943 (Quelle: Divisionsgeschichte Willemer [1]) Abschrift des Ia-Divisionsbefehls Nr. 1 vom 19. Februar 1943 (Quelle: BA-MA RH 26-15), Dank an Ralph Abschrift des Divisionsbefehls Nr. 2 vom 21.2.1943 (Quelle. BA-MA RH 26-15) Dank an Ralph Abschrift des Divisionsbefehsl Nr. 2 vom 21.2.1943 (Quelle. BA-MA RH 26-15) Dank an Ralph Terni, Ortsbiwak des I. /106, das in der Nacht vom 28.2. auf den 1.3.43 von 600 Mann Infanterie und 11 Panzern angegriffen wurde (Quelle: Google Earth)