Die 15. Infanteriedivision im Zweiten Weltkrieg Die Wjasma-Schlacht im Oktober 1941 Die deutschen motorisierten Infanteriedivisionen und Panzerverbände im Abschnitt der Heeresgruppe Mitte waren im August 1941 kurzfristig aufgefrischt worden. Entgegen dem Rat vieler Truppenführer und dem Oberkommando des Heeres entschied sich Hitler für ein Eindrehen dieser Verbände nach Süden, um die wirtschaftlich wichtigen Gebiete der Ukraine unter deutsche Kontrolle zu bringen. Zwar erzielten die deutschen Verbände auch dort große Erfolge (im Kessel von Kiew wurden laut Wehrmachtsbericht 665 000 Gefangene gemacht); zugleich war aber wertvolle Zeit verstrichen, das wichtige Verkehrs - und Industriezentrum Moskau noch vor der Schlammperiode und noch vor dem Wintereinbruch zu erobern. Außerdem war ein wichtiges Argument der “Moskaubefürworter”, dass vor der Eroberung von Wirtschaftsgebieten die Zerschlagung der feinldichen Streitkräfte Priorität haben müsse. Und gerade der Angriff auf Moskau musste den Gegner zur Massierung seiner Kräfte in diesem Abschnitt verleiten, so dass die Chance einer Entscheidungsschlacht bestehen würde. Die nun gewonnene Zeit von fast zwei Monaten nutzten die russischen Verteidiger von Moskau für das Anlegen tiefgestaffelter Stellungen und Befestigungsbauten in der Umgebung Moskaus. Kilometerlange Panzergräben, Baumsperren, Steilhänge, Schützengräben, Panzerriegel und Drahthindernisse wurden angelegt und strategische Reserven herangeholt. Vor der Front der Heeresgruppe Mitte hatten die Sowjets nördlich und südlich der Rollbahn Smolensk- Moskau insgesamt 8 Armeen zusammengezogen. Die Kesselschlacht um Kiew begann am 25. August und endete am 26. September 1941. Die Gesamtverluste des deutschen Ostheeres betrugen bis zu diesem Tage 15% der Anfangsstärke, insgesamt 534 086 Mann gingen dem Heer durch Tod, Verwundung oder Gefangenschaft verloren, darunter 17884 Offiziere. (Zahlenquelle: [28]) Nach der Schlacht um Kiew setzte das deutsche Oberkommando alles daran, schnellstmöglich die Offensive auf Moskau anzusetzen, um doch noch vor dem Winter die Entscheidung zu erzwingen. Der Angriffsplan sah für dieses, sog. “Unternehmen Taifun” die Bildung zweier großer Kessel bei Wjasma und Briansk vor. Angriffstermin war der 2. Oktober 1941. Auf dem rechten Flügel des Wjasma-Abschnitts wurde die Panzergruppe 4 (Generaloberst Erich Höppner) angesetzt. In der Mitte sollten die 4. Armee (Generalfeldmarschall Hans Günther von Kluge) und die 9. Armee (Generaloberst Adolf Strauß) sowie auf dem linken Flügel die Panzergruppe 3 (General Hans-Georg Reinhardt) angreifen. Die beiden Panzergruppen waren Moskau mit einer Entfernung von 320 km am nächsten. [vergl. hierzu z.B. die Quellen: 10, 21, 28] “Das XX. Armeekorps der 4. Armee, dem die 15. Infanteriedivision zugeführt wurde, hatte die Aufgabe, mit der 78. , 268. und 15. I.D. die russische Verteidigungsstellung an der Desna zu durchbrechen und dann nach Nordosten oder Norden einschwenkend den Kessel in Richtung auf die Autobahn Smolensk- Moskau zusammen zu pressen.” (Willemer [1], S. 53) Weiter nördlich sollte das an die 15. I.D. anschließende  IX. Armeekorps den Gegner durch örtliche Fesselungsangriffe vor der Front festhalten. Die 15. I.D. erhielt zunächst nach der Herauslösung aus dem Ustrom-Dnjepr-Abschnitt einige Tage Ruhe und wurde durch Zuführung von Ersatz (1000 Mann) personell annähernd wieder aufgefüllt. Der zugeführte Ersatz bestand jedoch zum größten Teil aus Nicht-Infanteristen wie Artilleriefahrern, Flaksoldaten und anderen Männern, die es alle nicht leicht hatten, sich an die schwierigen Verhältnisse des Infanteriekampfes und die langen, anstrengenden Märsche zu gewöhnen. “Sie haben sich indessen gut geschlagen und gut durchgehalten.” (Willemer [1], S. 55) Eine Stärkemeldung für das I.R. 88 vom 30. 9. 1941 übermittelt folgende Zusammensetzung: 45 Offiziere 3 Beamte 349 Unteroffiziere 2113 Mann 663 Pferde Kompaniestärke: 130 bis 170 Köpfe   Am 29. September 1941 wurde die 15. I.D. in den für den Angriff vorgesehenen Abschnitt an der Desna und Strjana verlegt. Die 269. Infanteriedivision wurde abgelöst, sie wurde nun rechter Nachbar der 15. I.D., während die 292. I.D. linker Nachbar wurde. Der Feind unternahm einige Vorstöße mit Panzerunterstützung und fügte dem I. Bataillon des I.R. 81 am 29. September und am 1. Oktober Verluste in Höhe von 46 Mann zu. Doch dann war die Zeit des eigenen Angriffs gekommen. Die Truppe begrüßte mehrheitlich den Angriff, hatte sie doch in den letzten Monaten die Erfahrung gemacht, dass ihre Verluste bei Angriffen geringer und die Anstrengungen leichter zu ertragen waren als bei den zuletzt schweren Abwehrkämpfen. Ein Tagesbefehl rief die Soldaten zur letzten großen Entscheidungsschlacht auf. “Und allen Strapazen zum Trotz fühlen sich die deutschen Soldaten - durch geschickte Propaganda gestärkt - dem Gegner hoch überlegen und erwarten im Glauben an Hitlers Zusicherungen von der bevorstehenden Operation den verheißenen Endsieg.” (Piekalkiewicz [28], S. 105) Für den Angriff wurde dem I.R. 106 die Aufklärungsabteilung A.A. 15 unterstellt. Das Regiment wurde auf der rechten Seite angesetzt; I.R. 81 sollte in der Mitte und I.R.88 im linken Abschnitt angreifen. Dem A.R. 15/51 wurde mit der II. Abteilung des A.R. 43 eine schwere Heeresartillerieeinheit zusätzlich unterstellt. Nach kurzer Artillerievorbereitung begann am Donnerstag, dem 2. Oktober 1941 um 5:30 Uhr der Angriff. Allen Infanterieregimentern der 15. I.D. gelang der Einbruch in die feindlichen Stellungen. Im Abschnitt des III./I.R.88 unternahm der Gegner einen Gegenangriff mit Panzern; harte Kämpfe entbrannten. Das I.R. 88 hatte dennoch bis zum Abend die Landbrücke zwischen Strjana und Desna durchschritten und von Feindkräften gesäubert. Die Verluste betrugen 166 Mann, darunter 3 Offiziere. Da die Desna zum Zeitpunkt des Angriffs wenig Wasser führte, konnte der Fluss von den Regimentern 81 und 106 ohne besondere Schwierigkeiten überschritten werden und die erste russische Stellung am anderen Ufer rasch eingenommen werden. Allerdings versteifte sich der russische Widerstand in der Tiefe des Hauptkampffeldes; es kam zu schweren Kämpfen um Ortschaften und Waldstücke. Der Gegner hatte seine Kampfzone geschickt ausgebaut; Minen behinderten das Vorziehen der schweren Waffen der 15. I.D. erheblich. “Trotzdem arbeiteten sich alle Bataillone schwungvoll vorwärts. Am Abend des ersten Kampftages wurde von den inneren Flügeln I.R. 106 und I.R. 81 Schatjkowa erreicht.” (Willemer [1], S. 55) Am 3. Oktober überschritten I.R. 106 und I.R. 81 die Desnok beiderseits Luki; die 3./81 eroberte dabei eine feuernde russische Batterie. Das Regiment 81 konnte im weiteren Tagesverlauf die Höhen nördlich der Desnok in harten Kämpfen nehmen. I.R. 106 stieß über das eigentliche Divisionsziel Mutitsche hinaus bis Lossinoje vor, während das I.R. 88 zunächst weiter das Ostufer der Desna säubern musste. Danach ging das I.R. 88 als linker Flankenschutz der Division nach Nordosten vor. Ein Korpsbefehl traf ein: Die 15. I.D. sollte von nun an scharf nach Norden eindrehen, wodurch die Hauptlast der Kämpfe nunmehr dem I.R. 88 zufiel. Zu diesem Zeitpunkt war der Gegner im Abschnitt der 292. I.D. noch gefesselt und stand hier auch noch auf dem westlichen Ufer der Desna. Das I.R. 88 ging am östlichen Ufer entlang nach Norden vor, stieß hier auf die noch haltende russische Front und wurde zudem vom Westufer der Desna beschossen. Hinzu kam, das die von der 292. I.D. im Westen und dem I.R. 81 im Osten eingeschlossenen russische Verbände nach Osten auszubrechen versuchten, was den Vormarsch zusätzlich erheblich behinderte. So gelang es am Nachmittag des 3.10. dem für den Angriff verbliebenen II. Bataillon nicht, den harten feindlichen Widerstand südlich Peredelnik zu brechen. Am 4. Oktober wurde die A.A. 15 in die Lücke zwischen der 268. Infanteriedivision und dem Infanterieregiment 106 eingeschoben. An diesem Abschnitt und auch beim I.R. 81 ging der Vormarsch an diesem Tage zügig voran, wobei das I. Bataillon des I.R. 81 - den übrigen Divisionsteilen vorauseilend - die von Jelnja nach Osten führende Eisenbahnlinie erreichte. Allerdings musste sich das Bataillon dort heftiger russischer Gegenangriffe erwehren. Währenddessen bahnte sich auch das I.R. 88 seinen Weg. Der Feind versuchte in diesem Abschnitt immer wieder, nach Westen auszubrechen, was dazu führte, dass schon gewonnenes Gelände mehrfach erneut vom Feind gesäubert werden musste. Beim I. Bataillon des I.R. 88 entbrannten in der Mittagszeit schwere Kämpfe um Muraschkino, ebenso beim III./I.R.88 um Peredelnik. “Beide Orte waren hervorragend zur Verteidigung eingerichtet und mussten Haus für Haus genommen werden. Die Division bildete an diesem Angriffstage beim I.R. 88 einen artilleristischen Schwerpunkt. Beide schweren Artillerieabteilungen und die Batterien der Sturmgeschützabteilungen unterstützten das Regiment vorzüglich.” (Willemer [1], S. 57) Am 5. Oktober erreichte das Infanterieregiment 106 bei Pjabiaki die Bahnlinie. Das I.R. 81 konnte bei Damino aufschließen. Das I.R. 88 musste auch an diesem Tage schwere Angriffe abwehren; diesmal griff der Gegner das II. Bataillon auf dem linken Flügel des Regiments mit starken Kräften an. Am 6. Oktober 1941 beschloss die Division, das Infanterieregiment 81 anhalten zu lassen, um die Soldaten auf Kraftfahrzeuge zu verladen und zusammen mit der Panzerjägerabteilung 15 als Vorausabteilung einzusetzen. Währenddessen stießen die Regimenter 106 und 88 “im schwungvollen Angriff über das alte Schlachtfeld im Jelnja-Bogen hinweg nach Norden. Es war für die Truppe eine große Genugtuung, in siegreichem Angriff das Gelände zu durchschreiten, in denen sie so schwere Wochen im Abwehrkampf gelegen hatte.” (Willemer [1], S. 57) Am selben Tag wurde der letzte organisierte russische Widerstand gebrochen. Das links benachbarte IX. Armee-Korps, das bisher nur durch Scheinangriffe den Gegner an der Front fesseln sollte, war inzwischen ebenfalls zum Angriff angetreten und schloss am linken Flügel des Infanterie-Regiments 88 bei Jelnja auf. Die 15. I.D. setzen von nun an ihre Truppenteile nicht mehr im einheitlichen Divisionsverband ein, sondern bildete verstärkte Infanterieregimenter, die selbständig auf weitgesteckte Ziele angesetzt wurden. So begann die Verfolgung des Gegners. Über schlechte Wege, versumpfte Flussniederungen und zerstörte Übergänge wurde schließlich am 10. Oktober 1941 von den Vorausabteilungen das eigentliche Operationsziel - die Autobahn Smolensk - Moskau erreicht. Die 15. I.D. reichte hier den Verbänden der von Nordweste herangekommenen 9. Armee die Hand. Die Schlacht von Wjasma war somit für die 15. Inafnteriedivision beendet. Es waren zwar versprengte Feindgruppen vor dem Zugriff der Division in östliche Richtung entwichen, doch gingen diese weiter ostwärts, spätestens bei Wjasma, ihrer Vernichtung entgegen. Die Beute war riesig: Zahllose Pferde, Waffen und Fahrzeuge standen überall herum. Fast 7000 Gefangene waren von der 15. I.D. eingebracht worden, wie das Kriegstagebuch des Ib vermerkt. Doch waren auch die eigenen Verluste hoch: Das I.R. 88 verlor in der Schlacht 117 Gefallene (darunter 4 Offiziere), 28 Vermisste und 405 Verwundete (darunter 7 Offiziere); insgesamt also 550 Mann. Das I. Bataillon des I.R. 81 verlor 155 Mann an Toten, Vermissten und Verwundeten; das III. / I.R. 106 deren 203. Im großen Rahmen betrachtet war die Doppelschlacht von Wjasma und Briansk noch einmal ein großer Sieg für die deutsche Wehrmacht. Im Wehrmachtsbericht wurden über 600.000 Gefangene gemeldet. Die Armeen des russsischen Oberkommandos West unter Timoschenko waren -von Resten abgesehen- vernichtet worden. Die deutschen Panzer näherten sich in der Folgezeit Tula, dem Fluss Nara und Kalinin. Viele glaubten, dass die Sowjetunion nun endgültig geschlagen sei - auch Reichspressechef Dietrich, der das siegreiche Ende des Ostfeldzuges bereits verkündete. Der “Völkische Beobachter” titelte am 10. Oktober 1941 in roten Lettern: “Der Feldzug im Osten entschieden”. “Fast schien es, als ob es nur noch eines kampflosen Vormarsches bedurfte, um dann wohlverdiente Winterquartiere zu beziehen. ---- Aber es sollte anders kommen.” (Willemer [1], S. 58) [vergl. Quelle: 1] Russische Frauen beim Ausheben von Panzergräben vor Moskau im Herbst 1941 [Quelle: wikimedia.org] Angriffsbereitsstellung für Operation Taifun am 2.10.1941 [Sat-Foto: Google Earth] Lage im Mittelabschnitt am 6. Oktober 1941 (Quelle: Willemer [1]) Angriff der 15. I.D. im Rahmen der Operation Taifun über Strjana und Desna (Quelle: Willemer [1])