Die 15. Infanteriedivision im Zweiten Weltkrieg Die Wende an der Nara 10.12.1941 bis 9.1.1942 Am 3.12. 1941 zog die 4. Armee das I.R. 88 aus seinem Einsatz bei der 19. Panzerdivision zurück. Mittlerweile hatte sich die deutsche Panzeroffensive vor Moskau bereits festgelaufen. Starke Gegenangriffe der Russen - erstklassig für den Winterkrieg ausgerüstet und mit frischen sibirischen Einheiten verstärkt- sorgten dafür, dass von nun an der Gegner das Gesetz des Handelns bestimmte. Den deutschen Truppen fehlte es fast an allem: An Reserven, um die ausgebluteten Regimenter wieder aufzufüllen, an Winterausrüstung und Versorgung. Die Verkehrsprobleme waren ungelöst. Die Truppe war wochenlang überfordert worden. Nun neigte sich die bislang im Gleichgewicht befindliche Waage -mit für die deutschen Soldaten erbamunglosen Konsequenzen- auf die russische Seite. Am 6.12.1941 nahm die 4. Panzerarmee ihre Angriffsspitzen zurück. Die 15. Infanteriedivision wurde unter dem Befehl des LVII. Armeekorps zur Ablösung von Panzerdivisionen an die Nara-Front geworfen. Teile der 19. und die ganze 20. Pz.Div. wurden abgelöst und freigemacht. Linker Nachbar war die 183. I.D.. Auf dem rechten Divisionsflügel schlossen sich zunächst noch Teile der 19. Pz.Div. an, später trat am 25. 12. die 98. I.D. an deren Stelle. Die freigemachten Panzerdivisionen wurden an den bedrohten linken Flügel der 4. Panzerarmee verlegt. Das verstärkte Infanterieregiment 88 trat wieder unter den Befehl der 15. I.D., die für diesen Einsatz wie folgt gegliedert wurde: Rechts: I.R. 88 mit dem II. und III. Bataillon im bisherigen Abschnitt. Mitte: I.R. 106 mit dem I. Bat. in der Front. Das II. befand sich in Reserve. Links: I.R. 81 mit dem I. und II. Bataillon in Front und dem III. in Reserve. Divisionsreserve: A.A.15, Pz.Jäger-Abteilung 15 und Pionierbataillon 15. Auf dem rechten Flügel wurde dem A.R. 15 die II. Abteilung des Artillerieregiments 213 unterstellt. I.R. 88 und 106 bestanden nur noch aus zwei Bataillonen; die Kompanie-Gefechtsstärken betrugen noch etwa 60 - 70 Mann. Die am 10.12.1941 übernommenen Stellungen waren nur flüchtig ausgebaut, daher wurden sie sofort in der bei der 15.I.D. bewährten Weise verbessert. Die Stellung verlief allgemein etwas abgesetzt vom Westufer der Nara. Auf dem rechten Flügel bei I.R. 88 verlief sie im offenen Gelände ca. 1 km vom Fluss entfernt. In der Mitte beim I.R. 106 verlief sie entlang des Ostrandes einer breiten Waldzone. Links bei dem I.R. 81 verlief sie schließlich unmittelbar am Fluss, da hier der Wald auf beiden Seiten bis an die Ufer trat. Im Nordabschnitt des Regiments 81 wurde auf dem Ostufer der Nara bei Slisnewo ein schmaler Brückenkopf gehalten. Bei der Heeresgruppe Mitte zeichneten sich in diesen Tagen die ersten schweren Rückschläge des Russlandkrieges ab. Deshalb wurden auch im Bereich der 15. I.D. Maßnahmen für einen Rückzug vorbereitet. Gegegebenenfalls sollte die gesamte Front bis auf die Schanja zurückverlegt werden. Die 15. I.D. erhielt im Zuge dessen den Befehl, ihre Versorgungseinrichtungen nach der Tiefe in Richtung Schanja aufzulockern. Doch am 16.12.1941 erließ Hitler einen pathetischen Haltebefehl, dass die derzeitige Front als Winterstellung gehalten werden sollte. Bereits einen Tag später ergaben sich auch im bis dahin ruhigen Abschnitt der 15. I.D. Anzeichen für eine russischen Angriff, der einen Tag später nach kurzer Artillerievorbereitung auf der gesamten Front der 15. I.D. beginnt. Schwerpunkte des Angriffs sind Romanowo, Melnikowo und Kurpowo im Abschnitt des III. / 88, sowie Kamenskoje (I. / I.R. 106) und der Brückenkopf bei Slisnewo, der vom II. / 81 verteidigt wird. Dreimal versucht der Feind mit Panzern und Infanterie in die Stellungen einzubrechen, jedoch wird der Angriff jedesmal blutig abgewiesen. Lediglich im Abschnitt der 1. Kompanie des I.R. 81 gelingt es dem Gegner, in den Wald einzudringen. Ein daraufhin angesetzter Gegenstoß der 4. Kompanie / I.R. 81 bleibt erfolglos. Abends um 19:00 Uhr geht schließlich auch der Brückenkopf am Ostufer der Nara bei Slisnewo verloren. Starke Feindansammlungen werden bei Kamenskoje erkannt. [vergl. Quelle 1] Insgesamt konnte der erste Abwehrkampf an der Nara als Erfolg gebucht werden. Aber die Einbrüche bei I.R. 81 ließen die Gefahr erkennen, in der sich die 15. I.D. befand. Der Munitionsverbrauch betrug bei der 15. I.D. 120 Tonnen. Der Ersatz konnte nur durch Mithilfe der benachbarten 19. Panzerdivision sichergestellt werden, deren Kolonnen laufend Munition aus dem Armee-Munitionslager heranholten. Am 19.12. 1941 erfolgten um 6:00 Uhr früh starke Angriffe aus Kamenskoje, die aber abgeschlagen wurden. Um 13:30 Uhr greift der Gegner erneut auf der ganzen Divisionsfront an. An vielen Stellen wird der Angriff durch die Stellungskrieger und die gesamte Artillerie zurückgeschlagen, aber bei der 9. Kompanie des Infanterieregiments 88 gelingt es den Russen gegen 16:30 Uhr einzubrechen und eine Einsickerlücke zu schaffen, durch die sie in der Dunkelheit ununterbrochen Menschen und Material in den Wald schieben, der hinter der deutschen Stellung liegt. An diesem Tag beträgt der Munitionsverschuss im Bereich der 15. I.D. rund 125 Tonnen. Am 20.12.1941 gelingen dem Feind weitere Einbrüche: um 7:00 Uhr beim I. / 81 in Pokrowka um 12:30 Uhr südwestlich Kamenskoje Um 14:15 Uhr erfolgt ein Feindangriff von Melnikowo auf Romanowa, der aber zurück geschlagen wird. Am Abend werden Ansammlungen von Feindpanzern  in Kamenskoje gemeldet. Der Feind war somit bei allen drei Infanterieregimentern in die Waldzone westlich der Nara eingedrungen. Dem I. Bataillon des I.R. 81 gelang es, die HKL wieder notdürftig zu schließen, so dass der zuvor eingedrungene Feind von den Verbindungen abgeschnitten war. Er wurde vom III. Bataillon / I.R. 81 angegriffen. Zwar gelang es nicht, den Feind zu werfen, das russische Regiment in Stärke von ca. 800 Mann zog sich aber durch kleine Frontlücken nach Osten über die Nara zurück, nachdem ihm die Munition ausgegangen war. Daraufhin wurde der Wald vom III./81 gesäubert, die HKL wieder durchlaufend besetzt und der Anschluss nach links und rechts gehalten. An den anderen Abschnitten sah es dagegen nicht so günstig aus. Trotz verzweifelter Anstrengungen konnten die Lücken am rechten Flügel des I.R. 106 und innerhalb des III./88 nicht geschlossen werden. Das I.R. 106 bildete eine Kampfgruppe (80 Mann) des II. Bataillons unter Führung von Hauptmann Müller, um die Lücke zwischen dem III./88 und dem I./106 zu schließen. Es gelang dieser Kampfgruppe nicht, die russische Überzahl an Soldaten aufzuhalten. Sie konnte zwar Anschluss an das I. Bataillon gewinnen und die Front dieses Bataillons nach Süden verlängern, aber der Anschluss an das III./I.R. 88 konnte nicht hergestellt werden. Die 9. Kompanie des I.R. 88 wurde in diesen Kämpfen fast völlig aufgerieben; ihr Kompanieführer Oberleutnant Kurz wurde verwundet. Die 11./88 wurde auf dem linken Bataillonsflügel eingeschlossen. Der Munitionsverbrauch betrug an diesem Tage 106 Tonnen; die Vorräte waren somit erschöpft, und der Nachschub war von nun an unzureichend. “Diese Lage bildete den Auftakt zu einem der furchtbarsten Kämpfe, die die Division in Russland zu bestehen hatte. Zwei Orte bezeichnen die Brennpunkte der Schlacht, deren Namen zum Symbol höchsten Heldentums werden, Romanowo und Iklinskoje.” (Willemer [1], S. 72, Unterstreichung im Original) Die Divisionsführung setzte nun ihre letzte Reserven ein; jeder verfügbare Mann wurde nach vorne geworfen. Die A.A. 15 wird auf dem linken Flügel des III. /88 eingesetzt und diesem unterstellt. Vorübergehend gelingt es, die Verbindung mit der zuvor eingeschlossenen 11. Kompanie herzustellen, doch bald darauf reißt der Gegner die Front wieder auf und schließt den linken Flügel erneut ein. Nun werden auch die Kompanien des Pionierbataillons 15, der Panzerjägerabteilung 15 infanteristisch eingesetzt; zusammen mit Kanonieren der Artillerie, den Nachrichtenleuten der Nachrichtenabteilung (N.A.) 15 und dem Feldgendarmerietrupp kämpfen sie alle mit dem Gewehr in der Hand. Romanowo wird gegen stärkste Angriffe von Infanterie, Panzern und Schlachtfliegern gehalten. In Romanowo ist Oberstleutnant Schmidt “die Seele des Widerstands” (Willemer [1], S. 73). Im Regimentsabschnitt 106 hält das I. Bataillon eisern seine Stellung, ohne Gelände aufzugeben. Doch im Rücken des Bataillons stößt der Gegner “in dicken Haufen” (ebd.) bis Iklinskoje vor, wo inzwischen Oberst Behrens vor dem Dorf eine zweite Front aufgebaut hat. “Mit Teilen des II. / I.R. 106, dem Pionierzug des I.R. 106 und Soldaten aller Waffengattungen schlägt er Tag und Nacht stärkste von Panzern unterstützte Angriffe ab. Es gelingt ihm und seinen tapferen Soldaten, das Dorf gegen die wütenden russischen Angriffe zu halten.” (ebd.) [vergl. Quelle 1] Doch können die vielen Opfer in Iklinskoje, Romanowo und auf den feststehenden Flügeln der Division das Schicksal nicht wenden. Die notwendigen Kräfte, die zum Schließen der Lücken zwischen den Ortschaften notwendig gewesen wären, waren einfach nicht vorhanden und konnten somit von den höheren Dienststellen nicht zugeteilt werden. Unaufhaltsam drängen die Russen im dichten Wald nach Westen- vorbei an den immer noch verteidigten Ortschaften. Es gelingt ihnen trotz heftigster Gegenwehr, zwei Batterien der I. Abteilung des Artillerieregiments 51 in die Hand zu bekommen. Von Osten und Nordosten wird die II. Abteilung des A.R. 213 angegriffen. Bei der deutschen Armeeführung hatte man bald erkannt, dass der Schwerpunkt des russischen Angriffs gegen den Abschnitt der 15. I.D. gerichtet war. Für den Angriff entlang des Weges Melnikowo, Balabanowo hatten die Russen eigens eine Stoßarmee aufgestellt, wie Gefangenenaussagen und Beutebefehle ergaben. Die deutsche 4. Armee veranlasste, die feindlichen Angriffskräfte laufend mit Stukas anzugreifen. Am 21.12.1941 dringt der Gegner in Aristowo ein, wird aber im Gegenstoß durch das III./74 (Major Westermann) sofort wieder vertrieben. Dieses Regiment der 18. Panzerdivision war der 15. I.D. am Tag zuvor unterstellt worden. Es wurde im rechten Abschnitt des I.R. 106 eingesetzt. Am 22.12. erfolgten erneut schwere Angriffe auf Iklinskoje, “die Lage ist äußerst gespannt.” (Willemer [1], S. 73). Stukas erhalten aus dem Wald östlich von Iklinskoje starkes Abwehrfeuer., während die eingeschlossenen Teile am linken Flügel des III./88 gegenüber von Melnikowo starke Angriffe abweisen müssen. Am 23. 12. erneute Angriffe auf Romanowo und Iklinskoje. Sie werden abgeschlagen. Die Reste der eingeschlossenen 11. Kompanie des I.R. 88 und der A.A. 15 werden durch den Feind hindurch nach Romanowo herangeholt. All diese Kämpfe fanden bei grimmiger Kälte statt. Die Temperatur betrug am 23. 12.1941 im Divisionsabschnitt -40 Grad Celsius ! Am 24. 12. 1941 ist die Lage an der Narafront unhaltbar geworden, die Front ist zerrissen. Deshalb befiehlt das Korps am Nachmittag: “Absetzen der noch vorn kämpfenden Teile um 20:00 Uhr und Aufbau einer neuen Front an der Istja.” (Wiedergegeben bei Willemer [1], S. 74). Doch aus dem geordneten Rückzug wird nichts. Beim I./81 greift der Gegner mit so überlegenen Kräften an, dass sich da Bataillon vorzeitig zurückkämpfen muss. Da die Russen die zur Abholung bestimmten Schlitten abgefangen haben, muss das Bataillon Schanzzeug und einen Teil der Munition zurücklassen. Das Regiment 106 zieht zuerst das sich immer noch in der Nara-Stellung befindliche I. Bataillon zurück. Es wird nördlich an Iklinskoje vorbei nach Dobrino zurückverlegt. In Iklinskoje werden von Oberst Behrens nach schwerem Entschluss zuerst die schweren Waffen zurückverlegt; er kann in den nächsten Stunden das Dorf nur mit leichten Infanteriewaffen verteidigen. “Noch immer versorgt der Regimentsarzt, Dr. Lemke, die Verwundeten, die alle geborgen und zurückgebracht werden. Obwohl durch den feindlichen Einbruch der Gefechtsstand des I.R. 106 in der vordersten Linie lag, harrte Oberst Behrens dort weiter aus und trug dadurch wesentlich zum Halten des zum Brennpunkt des Kampfes gewordenen Iklinskoje bei. Zwei Sturmgeschütze, die dem I.R. 106 bei Beginn des Kampfes unterstellt worden waren, waren in krisenreichen Augenblicken die letzte Rettung.” (Willemer [1], S. 74) Schließlich räumten in der Weihnachtsnacht 1941 die Verteidiger von Iklinskoje und Romanowo ihre Dörfer. In drei- bzw. siebentägigen Kämpfen hatte der Gegner trotz erheblicher Überzahl an Menschen und Waffen diese Dörfer nicht erstürmen können. Für die Verteidigung von Iklinskoje erhielt Oberst Behrens das Ritterkreuz, Oberstleutnant Schmidt wurde für die Verteidigung von Romanowo durch Nennung im Ehrenblatt des deutschen Heeres ausgezeichnet. Er übernahm nun die Führung des I.R. 88, da dessen bisheriger Kommandeur, Oberst von Zangen, an die Spitze der 17. Infanteriedivision trat. [vergl. Quellen 1 und 15] Detailberichte zu den Kämpfen in Romanowo sind in den “Mitteilungen aus dem Offizierskorps I.R. 88”, (3. Ausgabe 1942) aufgeführt, diese werden in der Divisionsgeschichte von Willemer (Quelle [1]) auf den Seiten 74 -77 wiedergegeben. Die Absicht des Korps, an der Istja eine neue Front aufzubauen, ging nicht auf. Die durch Verluste und Erfrierungen erschreckend geschwächte Truppe konnte ohne Winterbekleidung im freien Gelände bei Temperaturen um -30 Grad nicht kämpfen; Unterstände waren nicht vorhanden. Im Abschnitt des I.R. 88 gingen die Russen auf einer Waldbrücke zwischen Alonowo und Aristowo vor. Um Balabanowo wurde hart gekämpft. Hier verteidigte das II./88 (Heimbächer). Am 28.12. gelang es den Russen, den Ort nach harten Häuserkämpfen zu nehmen, tagsdrauf stießen sie weiter nach Westen vor. Als letzter Soldat verließ Oberstleutnant Schmidt das umkämpfte Dorf; er sammelte auf einigen Schlitten noch liegengebliebene Verwundete auf. Einige Soldaten waren vor Erschöpfung zusammen gebrochen. Im mittleren Abschnitt wurde die Istja beiderseits Dobrino vom I.R. 106 verteidigt. Dobrino war von der Panzerabwehrabteilung 15 - durch einzelne 8,8 cm Flak verstärkt - zu einem Panzerabwehrstützpunkt eingerichtet worden. Hier erwartete man entlang des Weges Melnikowo, Belabanowa feindliche Panzerangriffe. Am 26.12. 1941 ging das I.R. 106 auf den Bahndamm westlich Dobrino zurück, am 27.12. hielt es dort zunächst, ging aber dann am Abend weiter auf Injutino zurück und verteidigte das Dorf und den dort vorhandenen Flugplatz, nachdem es zuvor jeweils überflügelt worden war. Auf dem linken Divisionsflügel wurde die Istja am 25.12. vom I.R. 81 verteidigt. Das nördliche Bataillon dieses Regiments hielt noch Anschluss an die 183. I.D. (östlich der Istja). Auf dem rechten Flügel drängte der Gegner scharf gegen das I. Bataillon nach. Iwakino wurde angegriffen. Die Truppe war völlig erschöpft. Das Kriegstagebuch des I. / I.R. 81 vermerkt: “Der Bataillonsstab verteidigte selbst den Ort, während die Mehrzahl der Stoßtrupps sich in die Hütten geschlichen haben, um dort zu schlafen.” (wiedergegeben bei: Willemer [1], S. 78) 9 Tage befanden sich die Soldaten im Großkampf, davon die letzten Tage im freien Gelände. “Die eisige Kälte und die Überanstrengung erzeugte bei den Männern eine derartige geistige und körperliche Apathie, dass sie nur noch auf das Beispiel ihrer Vorgesetzten und auf scharfe Befehle reagierten.” (Willemer [1], S. 78) Iwakino wird umgangen und aufgegeben, das I. /81 zieht sich auf Korjakowo zurück, wo ein Stoßtrupp von 80 Mann zusammengestellt wird, um Iwakino am Morgen des 27. 12. wieder zurückzuerobern, was auch gelingt. Doch bereits am Vormittag geht das Dorf erneut verloren- später auch Korjakowo. Das Bataillon weicht auf Klimkino aus, während sein linker Flügel noch an der Istja steht und Verbindung zum II./81 hat. Die Lage stellte sich am 29.12.1941 für die 15. Infanterie-Division so dar: Der linke Flügel hat Verbindung zur 183. I.D. In der Mitte wird Klimkino und Injutino gehalten Auf dem rechten Flügel war Balabanowo verloren gegangen Trümmer des I.R. 88 kämpfen sich im Raum Borowsk an die übrigen Teile der Division heran Der Feind ist südlich des Divisionsabschnitts durchgebrochen und strömt nun durch eine über 5km breite Lücke zwischen der 15. und der 98.I.D. mit seinen Divisionen nach Westen. Die 15. I.D. trat unter den Befehl des XX. Armeekorps unter General Materna, nachdem sie von den übrigen Teilen ihres vorherigen (LVII.) Korps getrennt war. Das XX. Armeekorps trat wiederum zur 4. Panzerarmee (Generaloberst Hoepner) über, nachdem es seinerseits von der 4. Armee abgetrennt worden war. Der Wechsel dieses Unterstellungsverhältnisses führte auch zu einer Änderung in der Versorgung. Der Nachschubverkehr floss nun über die Rollbahn 2 über Smolensk und Moschaisk statt vorher über die Rollbahn 1 (über Juchno - Modyn). Tropfenweise wurden der 15. I.D. von den höheren Kommandobehörden Verstärkungen zugeführt. So wurden -von Ostpreußen aus- der 15. I.D. und anderen Verbänden auf dem Luftwege Ersatzmannschaften zugeflogen: am 23.12. 400 Mann am 27.12. 400 Mann am 29.12. 250 Mann Diese jungen, unerfahrenen Soldaten mussten sofort in die kämpfende Truppe eingereiht werden, die Not zwang dazu. “Sie wurden in wenigen Tagen von der unbamherzigen Schlacht verschlungen. Die Ausfälle durch feindliche Waffenwirkung wurde übertroffen durch Erfrierungen zweiten und dritten Grades.” (Willemer [1], S. 79) Die so herangeführte Hilfe war unzureichend, um den Einbrüchen zu begegnen, die sich mittlerweile nicht nur bei Borowsk, sondern auch anderen Abschnitten der 4. Armee und der 4. Panzerarmee ereignet hatten. Unter diesen Umständen musste die einzig wirkungsvolle Maßnahme ein geordneter und rechtzeitiger Rückzug auf die Schanja sein. Um diesen Rückzug kämpfte der Generaloberst Hoepner verzweifelt und vergeblich. Die Folge dieser Weigerung Hitlers war, dass die 15. I.D. weiterhin als südlicher Eckpfeiler der 4. Panzerarmee dem Ansturm der Russen standhalten musste. Am 31.12.1941 sperrten die Russen die Versorgungsstraße Medyn-Borowsk; die 15. I.D. war somit von ihrer Versorgungslinie abgeschnitten. Die Nachschubeinrichtungen der Division im Raum von Medyn mussten sich über Juchnow absetzen und in einem Marsch von mehreren hundert Kilometern über Smolensk und Wjasma Anschluss an die Division suchen, wodurch sie für längere Zeit ausfielen. Harte Kämpfe, eisige Kälte....nun traten auch noch fast unüberwindliche Versorgungsschwierigkeiten hinzu. Es fehlte Verpflegung für die Soldaten, Hafer für die Pferde, Munition für die Geschütze und Betriebsstoff für die Kraftfahrzeuge. Der I b, Major Breidenstein war mit der von ihm kommandierten Quartiermeisterabteilung Tag und Nacht auf den Beinen, um dennoch das Notwendigste heranzuschaffen. Dazu standen ihm nur die in Borowsk verbliebenen Kolonnen zur Verfügung. Das XX. Armeekorps half so gut es ging aus; außerdem wurden Transportflugzeuge eingesetzt, um die dringendsten Versorgungsgüter heranzufliegen. Alle Aushilfen konnten nicht verhindern, dass die Kampfkraft der 15. I.D. weiter abnahm. Am 1. Januar 1942 hielt das I.R. 106 noch immer Injutino, und sein Kommandeur Oberst Behrens wurde am selben Tag zum Generalmajor befördert. Zugleich sollte er eine Division übernehmen. Behrens weigerte sich jedoch, sein Regiment in dieser schwierigen Situation zu verlassen. Er erhielt daraufhin den Befehl, am nächsten Tage mit dem Regiment auf Fedotowo zurück zu gehen. Der Feind stand zu dieser Zeit jedoch bereits vor Redkino, daher führte General Behrens sein Regiment über den Nordrand von Borowsk. Einige Panzer der “Kampfgruppe von der Chevalerie” unterstützten seine Bewegung. Am 2. Januar wurden die zerschlagenen Reste des Regiments am Ostrand von Fedotowo erneut eingesetzt. General Behrens wurde verwundet, blieb aber weiter bei seiner Truppe. Am 4. Januar 1942 wurden die Reste des nicht mehr kampffähigen Regiments aus der Front gezogen, am 7. Januar wurde General Behrens verabschiedet. Nur noch 130 Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften waren angetreten, alle anderen waren tot oder verwundet. Am 3. Januar war Borowsk durch Angriffe aus südlicher und westlicher Richtung verloren gegangen. Die Divisionsfront verlief nun von Fedotowo über Redkino-Kuprino-Koselskaja bis Kolotina, wo sie Anschluss an die Front der 183. I.D. fand. I.R. 88 war rechts und das I.R. 81 war links eingesetzt. Bis zum 9. Januar 1942 musste sich die Division in dieser Linie täglichen Angriffen erwehren. Drei bis vier Feinddivisionen versuchten, die Division von Süd nach Nord zurück zu drängen. Zwischenzeitlich ging Redkino verloren, konnte aber am Abend des 4.1. mit Panzerunterstützung durch die Gruppe Chevalerie vorübergehend wieder zurückerobert werden. Am 5. Januar 1942 herrschte im Divisionsabschnitt eine Temperatur von -45 Grad Celsius ! Das Infanterie-Regiment 88 hatte bei Fedotowo den härtesten Feinddruck auszuhalten. Die 15. I.D. sah ihre Hauptgefahr in diesen Tagen nicht in der Front, sondern in ihrer Westflanke. Der Grund war, dass die Lücke zwischen der 4. Armee und der 4. Panzerarmee am 5.1. bereits 25 km betrug. Am 6.1. vergrößerte sie sich auf 35 km. “Dem Gegner stand der Vormarsch im Protwa-Tal auf Wereja und damit in den Rücken des XX. Korps offen. Am 8.1. teilte General Materna Generaloberst Hoepner mit: “Ich melde pflichtgemäß, dass das XX. Armeekorps in wenigen Tagen nicht mehr bestehen wird.” (Aus Kriegstagebuch 4. Panzerarmee, Anlagen-Band “Meldungen und Ferngespräche”)” (Willemer [1], S. 81) [vergl. Quellen 1 und 15] Generaloberst Hoepner hatte an diesem Tag -entgegen dem Haltebefehl Hitlers- auf eigene Verantwortung den Befehl zum Rückzug für die beiderseits der Autobahn weit nach Osten vorgebogene Front gegeben. Daraufhin wurde er um 23:35 Uhr seiner Stellung “unter den bekannten diffamierenden Begleitumständen enthoben.” (ebd.) Er wurde unehrenhaft aus der Wehrmacht entlassen. Sein Nachfolger, der General der Infanterie Ruoff, konnte die befohlene und bereits angelaufene Bewegung nicht mehr rückgängig machen. In der Rückschau rettete der Generaloberst Hoepner mit diesem, nur von seinem Gewissen getragenen Befehl, unzähligen Soldaten - auch denen der 15. I.D. - das Leben. [vergl. z.B. Quellen 1, 28, 10] An der Nara ging also nun die begonnene Winterschlacht in den Rückzug über. “Die 15. I.D. bestand nur noch aus Trümmern.” (Willemer [1], S. 82): Die Regimenter 81 und 88 hatten zusammen noch drei schwache Bataillone Bei Auflösung des I./81 bestand dieses noch aus einem Offizier, einem Sanitätsoffizier, 13 Unteroffizieren und 56 Mann Aus den Resten des I.R. 106 war ein schwaches Bataillon gebildet worden A.A. 15, die Panzerjägerabteilung 15 und das Pionierbataillon 15 bestanden nicht mehr. Die Überlebenden wurden den Infanterieregimentern zugeteilt. Alle drei Kommandeure dieser Einheiten waren durch Tod und Verwundung ausgefallen. A.R. besaß noch 18 leichte Feldhaubitzen. Die schwere Abteilung war aufgelöst worden. Die Mehrzahl der Bataillonskommandeure war gefallen oder verwundet Am 9.1.1942 übernahm der bisherige Divisionskommandeur General Hell das VII. Armeekorps. Neuer Divisionsführer der 15. I.D. wurde der bisherige Regimentskommandeur des I.R. 81, Oberst Bronislaw Pawel. Major Kratsch übernahm die Führung des I.R. 81. Oberstleutnant Schmidt übernahm die Führung des I.R. 88. Das aus dem I.R. 106 gebildete Bataillon wurde von Major Kroner geführt. “In jenen Tagen wurden vereinzelt von benachbarten Truppenteilen Vorwürfe gegen die 15. I.D. wegen des bei ihr eingetretenen Durchbruchs erhoben. Zu Unrecht - die Division hatte tapfer und bis zur eigenen Aufopferung gekämpft. Ihre Haltung war ohne Tadel gewesen. Ihr war eine Aufgabe zugemutet worden, die mit den gegebenen Kräften und Mitteln nicht gelöst werden konnte. Hieraus ist auch den übergeordneten Kommandobehörden kein Vorwurf zu machen. Die Division hatte ihren Zustand stets ungeschminkt gemeldet. Aber beim Zusammenbruch mehrerer Frontabschnitte fehlte es überall an Kräften. Daher musste von der Division mehr verlangt werden, als unter normalen Umständen verantwortet werden konnte. Der Kommandierende General des XX. A.K., General Materna, hat der 4. Panzerarmee die Lage der Division und seines Korps mit Tränen in den Augen geschildert. Generaloberst Hoepner hat sich bis zur Aufopferung der eigenen Person für ein rechtzeitiges Zurückgehen eingesetzt.” (Willemer [1], S. 82, Unterstreichungen im Original) Willemer sah die Gründe für den Zusammenbruch an der Nara und an der übrigen Ostfront in den Führungsentscheidungen des Oberkommandos, in den Entwicklungen des Feldzuges vom Sommer und Herbst, in der Schlammperiode, in dem ungewöhnlich früh und hart einsetzenden Winter und in der Versorgungslage. “Die erste große Niederlage deutscher Truppen im 2. Weltkrieg blieb nicht ohne Auswirkungen. Ernste Zweifel am “Endsieg” erhoben sich. Das Vertrauen zur obersten Führung bekam Sprünge. “ (Willemer [1], S. 83) [vergl. Quelle 1] Die 15. I.D. in der Verteidigung an der Nara-Front 18.- 30.12.1941 (Quelle: Divisionsgeschichte Willemer [1]) Der damalige Regimentskommandeur I.R. 106 und Verteidiger von Iklinskoje, Oberst Wilhelm Behrens, hier in einer späteren Aufnahme als General Rückzugskämpfe der 15.I.D. im Bereich der 4. Panzerarmee vom 18.12. 1941 bis zum 19. 1. 1942 (Quelle: Divisionsgeschichte Willemer [1]) Balabanowo - Russisches Kriegerdenkmal (Quelle: wikimedia.org) Balabanowo - Wohnviertel in der Lesnaya-Straße heute (Quelle: wikimedia.org) Die Nara bei Romanowo (Quelle: Google Earth, Yuri Golbin) Generaloberst Erich Hoepner, Kommandeur der 4. Panzerarmee bis zum 8.1.1942 in einer Aufnahme aus dem Jahr 1940. Er wurde nach dem misslungenen Hitler-Attentat am 8.August 1944 in Plötzensee gehängt. (Quelle: Deutsches Historisches Museum)