Die 15. Infanteriedivision im Zweiten Weltkrieg Der Untergang der 15. Infanteriedivision in Rumänien Vorgeschichte Die Ereignisse bei der 15. Infanteriedivision ab dem Schicksalstag 20. August 1944 sind eng mit denen bei der übergeordneten 6. Armee und der Heeresgruppe Südukraine verknüpft. Die Heeresgruppe Südukraine stand seit dem Mai 1944 in einem weit vorgewölbten Frontbogen, der sich rechts an das Schwarze Meer und links in der Gegend westlich von Jassy an die Karpathen anschloss.  Der stark exponierte Stellungsverlauf musste eine sowjetische Zangenbewegung, mit dem Ziel, die 6. Armee einzuschließen, geradezu herauf beschwören. Es bot sich hierzu eine Stoßrichtung von Nord nach Süd zwischen den Flüssen Pruth und Sereth und eine weitere von Ost nach West im Süden von Tiraspol an. Doch hatte sich noch ein weiterer Umstand ergeben, der die angespannte Lage zusützlich verschärfte: In die Front waren auch eine Reihe der verbündeten rumänischen Verbände eingegliedert, deren Zuverlässigkeit im Falle einer sowjetischen Großoffensive jedoch angezweifelt werden musste. Ein wichtiger Punkt in der Verteidigungsstrategie der Heeresgruppe war das Vorhandensein starker Reserven hinter der Front, die den sowj. Angriffsschwerpunkten entgegengestellt und Einbrüche beseitigen konnten. Doch wurden diese Reserven immer mehr ausgedünnt, da die Kräfte auf den anderen Kriegsschauplätzen dringend benötigt wurden. So musste die Heeresgruppe Südukraine im Laufe des Sommers vier Panzerdivisionen und fünf Infanterie- Divisionen abgeben. Als Reserve hinter der 6. Armee verblieb nur noch die 13. Panzerdivision mit einem verstärktem Panzergrenadierregiment und die 153. Feldausbildungsdivision. Nach allen Erfahrungen aus dem Jahre 1943 musste allen Kommandostellen klar sein, dass diese Reserve und die an der Front eingesetzten Truppen kaum ausreichen würden, um eine Offensive oprativen Ausmaßes zu verhindern. Deshalb hatte das Heeresgruppenkommando gemäß Tagebucheintrag vom 8. August 1944 im Führerhauptquartier vorgetragen, dass bei weiterem Abzug der Kräfte, die jetzige Stellung nicht gehalten werden könne. Der Führer der Heeresgruppe (Generaloberst Frießner) bat um Handlungsfreiheit, um den Frontvorsprung auf die wesentlich kürzere Linie Donaumündung - Galatz - Foscani - Ostrand Karpathen zurück zu nehmen. Doch Hitler lehnte dies - getreu seiner berüchtigten Maxime “Halten um jeden Preis” - ab und führte die Bündnistreue gegenüber Rumänien und die kriegswirtschaftlich wichtigen Ölquellen als Gründe an. Der Auftrag an die Heeresgruppe blieb somit bestehen, ungeachtet der Tatsache, dass - wie so oft - die von Hitler ins Felde geführten Gründe zwar kriegswirtschaftlich oder politisch ihre Berechtigung gehabt haben mochten, jedoch keine Rechtfertigung für die Missachtung militärischen Notwendigkeiten sein konnten. Denn auch ohne die Zurücknahme der Front konnten am Ende weder die Ölquellen gehalten, noch Rumänien verteidigt werden. Quellen:  [ 1, 53 ] Die Heeresgruppe Südukraine bestand insgesamt aus 24 deutschen und 25 rumänischen Divisionen, insgesamt 650.000 Mann, davon 340.000 deutsche Soldaten. Doch diese hohen Zahlen waren trügerisch. Die Soldaten waren vorwiegend in linearer Verteidigung eingesetzt, ihr Kampfwert war nicht zu vergleichen mit dem in den Anfangsjahren des Krieges (viel unerfahrener Ersatz aus frontfremden Verbänden, der mehr und mehr am deutschen Sieg zu zweifeln begann). Zu viele fronterfahrene Offiziere und Soldaten waren in den Monaten zuvor durch Tod oder Verwundung ausgefallen. Die Reserven und die Anzahl der vorhandenen Panzer und Sturm- geschütze war viel zu gering. “Nur rund 15-20 Prozent der ostfronterfahrenen Offiziere und Soldaten hatten den letzten Rückzug bis zum [...] Dnjestr überlebt.” (Buchner [53], S. 267) Die Beweglichkeit der Divisionen war stark eingeschränkt. Panjefahrzeuge mussten die fehlenden Gefechtswagen, Kraftfahrzeuge und Zugmaschinen ersetzen. Es gab zu wenige Pak und andere Panzerabwehrwaffen. Auch das Nachrichtengerät war knapp, ebenso wie teilweise die Artilleriemunition. Die rumänischen Soldaten waren schlecht ausgerüstet und bewaffnet, ihre Kampfmoral hatte stark nachgelassen, viele waren kriegsmüde. Zwar stand der rumänische Staatsführer Antonescu weiterhin treu und fest zum Bündnis mit dem Deutschen Reich, doch gab es in Rumänien längst geheime Bestrebungen in der rumänischen obersten Führung, die gegen Deutschland gerichtet waren. Hohe Offiziere neigten zum Verrat des Bündnisses und zu einem Staatsstreich. Damit war es der Heeresgruppe von deutscher und von rumänischer Seite schon von den Voraussetzungen her nicht möglich, einer Großoffensive wirksam zu widerstehen. Doch auch im Verantwortungsbereich der Heeresgruppe selbst wurde die Lage falsch eingeschätzt. So wurde z.B. von den meisten Stäben eine zunehmende Betriebssamkeit und auffallend viel Verkehr hinter der Front nicht als Angriffsvorbereitungen der Sowjets interpretiert, sondern als Abzug von Truppen von der Südfront, um ihre erfolgreiche Offensive gegen die Heeresgruppe Mitte zu verstärken. Die Sowjets - ohnehin äußerst geschickt in der Tarnung - unternahmen alles, um den Aufmarsch zu verschleiern. An der ganzen Südfront gab es bis Mitte August nur wenige Gefechtsaktivitäten, von örtlichen Unternehmungen, üblicher Artillerietätigkeit und gelegentlichen Luftangriffen abgesehen. “Erst als vor dem Westabschnitt der Front die Truppenbewegungen der Russen anhielten und sich ausdehnten, begann man stutzig zu werden. Trotzdem glaubte man bei der Heeresgruppe auch noch am 16. August [vier Tage vor dem Angriff, d. Verf.], dass es sich hierbei nur um einen größeren örtlichen Angriff handeln würde.” (Buchner [1], S. 269) Die 6. Armee meldete der Heeresgruppe noch am 16. August: “Nichts besonderes. Ruhe überall!” Auch die für die Feindaufklärung verantwortliche Abteilung im Oberkommando des Heeres  “Fremde Heere Ost” irrte sich in Zeitpunkt und Stärke der Offensive. Das unbehagliche Gefühl gegenüber der rumänischen Verbündeten nahm spürbar zu. In Jassy sprach bereits die Bevölkerung von dem bevorstehenden Umsturz. Die Gefahr war ja nicht nur, dass die rumänischen Truppen sich nicht verteidigen würden, sondern dass sie zudem auch noch Verrat üben und den Sowjets Informationen z.B. über deutsche Verteidigungsstellungen zukommen lassen konnten. Indessen marschierten die Sowjets in aller Stille und Heimlichkeit mit einer riesigen Streitmacht auf. Nördlich von Jassy versammelte sich die 2. Ukrainische Front (General Malinowski) mit 6 Schützenarmeen, 1 Panzerarmee zu 2 Korps, 1 selbständiges Panzerkorps, 1 Kavalleriekorps und 1 mech. Korps. Hinzu kam die 5. Luftarmee. Im großen Brückenkopf Tiraspol (gegenüber der deutschen 15. und 306. Infanteriedivision) stellte sich die 3. Ukrainische Front (General Tolbuchin) mit 4 Schützenarmeen, 2 selbständigen mech. Korps und der 17. Luftarmee bereit. Somit hatten die Sowjets für ihren Angriff zur Verfügung: 930.000 Mann 16.000 Geschütze, Salvengeschütze (”Stailinorgel”) und Granatwerfer aller Kaliber 1400 Panzer und Selbstfahrlafetten 1760 Flugzeuge Im Schwerpunkt ihrer beiden Stoßrichtungen standen dagegen nur 6 deutsche Korps (davon 4 bei der östlich stehenden 4. Armee) und 2 rumänische Korps gegenüber, zusammen etwa 270.000 deutsche Soldaten 200.000 rumänische Soldaten 160 Panzer (davon die Hälfte bei einer rumänischen Panzerdivision) 283 Sturmgeschütze und Sturmhaubitzen 232 Flugzeuge Kurzum: Die feindliche Übermacht an Artillerie, Panzern und Luftstreitkräften war erdrückend. Parallelen zu Stalingrad bahnten sich an: Wieder sollte die (neu aufgestellte) 6. Armee eingeschlossen werden, wieder standen rumänische Truppen links und rechts von ihr, wieder fehlten die Reserven, wieder sollten die Opferzahlen katastrophale Ausmaße annehmen. Das Feindbild der Heeresgruppe Südukraine war am Tag vor dem Angriff immer noch diffus. Zwar rechnete man jetzt fest mit einem Großangriff aus der Richtung nördlich Jassy, doch ging man nur von einem Nebenangriff bei Tiraspol aus. Der Führung der 6. Armee schienen dagegen erste Vorahnungen zu kommen, denn sie meldete am 19. August: “Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass sich auch an unserem rechten Flügel etwas zusammenbraut...” Doch war es nun für effektive Gegenmaßnahmen zu spät geworden. Noch am gleichen Tag griffen sie Sowjets vermehrt in Bataillons- und Kompaniestärke am rechten Flügel der 4. rumänischen Armee und am östlichen Flügel der 6. deutschen Armee an, um die Front nach Schwachstellen abzutasten. Außerdem nahmen die Sowjets nach einer dreiviertelstündigen Artillerievorbereitung eine wichtige Höhe im Abschnitt des rumänischen VI. Korps im Westen in Besitz). Doch war dies erst der Auftakt; an der übrigen Front herrschte noch eine gespenstische Ruhe. Am Abend des 19. August meldeten deutsche Posten, dass offenbar stellenweise rumänische Truppen auf sowjetische Leuchtzeichen antworteten. Noch maß man diesen Beobachtungen keine große Bedeutung bei. Doch sollte sich ihr Zweck bald grausam bemerkbar machen. vergl. Quelle:  [ 53 ] Die 15. Infanteriedivision stand Anfang August 1944 nach wie vor südlich von Tiraspol dem russischen Brückenkopf gegenüber. Unter dessen neuen Kommandierenden General Postel gehörte sie zum XXX. Armeekorps, dessen früherer Kommandeur, General Fretter-Pico, den Oberbefehl über die 6. Armee übernommen hatte. Links von der 15. I.D. stand die 257. I.D. (”Berliner Bärendivision”), rechts die 306. I.D., die zugleich auch den rechten Flügel der 6. Armee abschloss. Vor Angriffsbeginn war die 15. I.D. derart gegliedert, dass sich das G.R. 81 auf der sog. Landenge befand, während sich dahinter als Reserve Teile des Pionierbataillon 15 und die Panzerjägerabteilung 15 aufhielten. Noch weiter hinten stand als Sicherheitsbesatzung der rückwärtigen Trajanstellung das Feldersatzbataillon 15. Das G.R. 88 (in Chircaesti) und das Füsilierbataillon 15 (in Hagimus) standen nördlich des Bodna-Baches, dahinter lag das I. Bataillon des G.R. 106 in Reserve. Major Nomanni hatte die Führung des G.R. 106 übernommen, da Oberst Laengenfelder zur Kur abwesend war. Das III. Bataillon des G.R. 106 war Armeereserve. (Das II. Bataillon des G.R. 106 war bereits im Januar 1944 aufgelöst worden. Nach neuer Gliederungsvorschrift sollten pro Regiment nur noch zwei Bataillone bestehen, so dass das II. Bataillon auch nach Ersatzzuführung nicht mehr aufgestellt wurde.) Das Artillerieregiment 15 stand mit der Masse der Geschütze hinter der Landengenfront im Schwerpunktabschnitt der Division (I. + II. /A.R. 15 und I. /A.R. 51 mit zwei Batterien). Die III. Abteilung des A.R. 51 und eine schwere Batterie der I./.A.R. 51 standen nördlich der Bodna. Iststärke der Division am 19. August 1944: 336 Offiziere 12697 Unteroffiziere und Mannschaften 6355 Pferde 419 Kraftfahrzeuge “Schon seit längerer Zeit waren Anzeichen für einen russischen Angriff im Bereich des Brückenkopfes [bei Tiraspol] erkennbar. Bewegungen und Zuführungen wurden beobachtet, Holzfällergeräusche (Vorbereitungen für den Bau von Stegen und Brücken ?) waren zu hören. Bei der Truppe lagen Anzeichen vor oder liefen zumindest Gerüchte um, die auf einen möglichen Abfall der Rumänen deuteten.” (Willemer [1], S. 195) Am 17. August 1944 nahm das russische Artilleriefeuer zu. 11 Tote und 27 Verwundete waren bei der 15. I.D. zu beklagen. Einen Tag später erneut Artilleriefeuer, Aufklärungsvorstöße wurden abgewiesen. Am 19. August nehmen die Aufklärungsvorstöße und die Fliegertätigkeit zu. “So traf der Morgen des 20.8. die 15. I.D. zur Abwehr bereit und entschlossen, aber mit einem weit überlegenen Gegner vor sich, mit ungenügenden Reserven hinter sich, mit unsicheren Verbündeten neben sich, gebunden an den Befehl, die Stellung zu halten.”                         (Wilhelm Willemer, “Die 15. Infanteriedivision im Zweiten Weltkrieg”, S. 195 ) Quelle:  [ 1 ]   Der Frontabschnitt der Heeresgruppe Südukraine im Frühsommer 1944 (Quelle: Divisionsgeschichte Willemer [1]) Der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Südukraine, General Johannes Friessner (Quelle: Bundesarchiv) Der Oberbefehlshaber der 6. Armee, General Maximilian Fretter-Pico Der Kommandierende General des XXX. Armeekorps., Generalleutnant Georg-Wilhelm Postel. Er geriet in der Rumänienschlacht in Gefangenschaft, wo er 1953 verstarb.