Aufbau und Mobilmachung der 15. Infanteriedivision Die Mobilmachung “Wie eine dunkle Wolke lag im Sommer 1939 die Möglichkeit eines Krieges über Deutschland. Überwog in den Stäben eine sorgenvolle Stimmung, so war doch auch bei der Truppe von Kriegsbegeisterung nicht das Geringste zu spüren. Als dann die Würfel gefallen waren, gab es für die Angehörigen der 15. I.D. ebenso wie für alle Soldaten keine andere Möglichkeit, als für den Sieg der deutschen Waffen alles einzusetzen.” (Willemer [1], S. 7) Die Mobilmachung war als stark erweiterte Alarmbereitschaft und Überführung vom Friedenszustand in den Kriegszustand zu verstehen und trug der Möglichkeit Rechnung, dass der Krieg - im Zeitalter des Motors - überfallartig beginnen konnte. Die 15. I.D. war für einen beschleunigten Einsatz an der Westgrenze vorgesehen und musste 12 Stunden nach Eingang des Mobilmachungsbefehls marschbereit sein. Die 15. I.D. war auf das “Herstellen einer beschleunigten Ausrückfähigkeit” vorbereitet worden. Durch zahlreiche Alarmübungen, sog. “Mobilmachungskalendern” für jeden Stab und jede Einheit sowie durch weitere Maßnahmen war die Division darauf eingestellt worden. Die Mobilmachung umfasste im Wesentlichen drei Schritte: “1. Einberufung und Eingliederung von Ergänzungen an Personal, Pferden und Fahrzeugen, um die Truppe auf das nach der Kriegsstärkenachweisung (K.St.N.) und Kriegsaus- rüstungsnachweisung (K.A.N.) vorgesehene Soll aufzufüllen. 2. Aufstellung von Formationen, die im Frieden nicht bestanden hatten [...] 3. Abstellung von Stammpersonal aus der Friedenstruppe für Kriegsformationen außerhalb der 15. I.D. (Zur Aufstellung von Divisionen zweiter Welle und von Einheiten des Ersatzheeres).” (Willemer [1], S. 7 u. 8) [Quelle 1] Der Mobilmachungsbefehl traf beim Divisionsstab in Frankfurt am Main am 25. August 1939 um 16:00 Uhr ein. Divisionskommandeur war zu dieser Zeit Generalmajor Walter Behschnitt. Die 15. I.D. erhielt den Auftrag, im Saargebiet die Linie Bous - Völklingen - Rockersbach - Saarbrücken-Burbach zu verteidigen und einen französischen Angriff über die Saar sowie eine Umfassung des Saarlouis-Abschnitts zu verhindern. [Quelle 59] Am 24. August 1939 hatte in Hanau der Regimentskommandeur I.R. 88 Oberst von Zangen zur Offiziersversammlung geladen. Die Lage sei sehr ernst, die Mobilmachung sei stündlich zu erwarten. Dennoch fand die Vorübung für die Parade zum Reichsparteitag in Nürnberg auf dem Exerzierplatz in Hanau-Wolfgang statt. Am 25. August wird morgens immer noch weiter für Nürnberg geübt. Gegen 13:00 Uhr kehrt das Regiment in die Kasernen zurück. Der Hufbeschlag für Nürnberg wird durchgeführt (Gummi-Einlagen, Silberbemalung). Um 17:00 Uhr kommt dann der Anruf "Mobilmachung". Anderthalb Stunden später treffen die ersten Reservisten in der Kaserne ein. Abends erfolgt die Anbringung der Verdunkelungseinrichtungen in den Stuben. Fahrzeuge werden beladen, Sachen gepackt. [Quelle: 57] Karl Lamprecht (14./88) musste an diesem Tag ab 16:00 Uhr Wache schieben. Er berichtet: "Um 17:00 Uhr wurde das Kasernentor geschlossen. Anschließend wurden die blauen Briefe verteilt und jeder, der bei der Kompanie verblieb, erhielt einen Brief mit Erkennungsmarke. Oberleutnant Hühn aus Gelnhausen übernahm die 14. Kompanie von Hauptmann Reimherr. In den Abendstunden wurde neu eingekleidet, die Kompanie mit Reservisten aufgefüllt." Am nächsten Tag rückte die 14. Kompanie ab zur Saar und der Zug Paesler bezog Pakbunker an der Gersweiler Brücke und auf der Schanzenbergbrücke / Burbacher Hütte, von wo aus man einen guten Blick auf die Spicherer Höhen hatte. Durch die Evakuierung der Zivilbevölkerung hatte man in den umliegenden Gärten reichlichen Zugang zu Zusatz- verpflegung (Hühner, Stallhasen und Früchte). [Quelle: 45] Wie unter den Soldaten üblich, kursierten seinerzeit viele Spitznamen. Einmal verbot der Kompaniechef der 8./88 seinen Männern, den Kleinsten der Kompanie “Dackel” zu nennen. Die Kompanie ist angetreten und der Kompaniechef poltert los: “Wenn ich noch einmal höre, dass der Schütze Müller* “Dackel” gerufen wird, wandert der Rufer für eine Woche in den Bau !” Einen kurzen Moment Stille. Dann ruft jemand aus der hinteren Reihe, leise, aber laut genug: “Waaaaldi !” ....  Großes Gelächter, in das der Kompaniechef schließlich -resignierend abwinkend- mit einstimmt. “Wegtreten !”                     *Name geändert [Quelle: 2] Ein anderer Soldat - ein Unteroffizier der 14./88- bekam den Spitznamen “Der Pavian” verpasst. Warum? Die Antwort gibt evtl. das nachfolgende Foto (die mittlere Person ist gemeint): [Quelle: 45] Ein Angehöriger der 5. Kompanie des I.R. 88 erlebte die Mobilmachung so: “Der Monat August stand im Zeichen der Vorbereitung für den Reichsparteitag in Nürnberg. Alles war in froher Erwartung auf die in Aussicht stehenden Tage. Doch als die Vorkommandos für Nürnberg schon abmarschbereit waren, wurde plötzlich alles rückgängig gemacht. Die Rückbeorderung der Vorkommandos am 25. 8.1939 ließ uns die kommenden Ereignisse ahnen. Die Telefonapparate wurden ständig durch Offiziere besetzt.” (wiedergegeben in [1], S.8) Als der Befehl am Freitag, dem 25.8.1939 gegen 18.00 Uhr bei der 5. Kompanie / IR88 in Hanau eintraf, wurden die Reservisten durch Radfahrer planmäßig informiert, die Kasernenwachen verstärkt und für die Nacht eine Verdunkelung angeordnet. Die 5./IR88 war am Samstagmorgen um 3:30 Uhr abmarschbereit. Am Morgen wurde die Luftschutzwache unter großen Mühen mit M.G. auf das Dach des Verpflegungsamtes aufgeseilt. Vormittags wurden die letzten, optimierenden Vorbereitungen für die Verlegung durchgeführt. Zum letzten Mal wurde von der Kompanie Verpflegung aus der Kasernenküche empfangen. Am Nachmittag hielt der Regimentskommandeur eine Ansprache im Rahmen eines Appells. Die Kompanie war jetzt vollständig marschfertig. Für den Nachmittag wurde Ruhe angesetzt, die aber angesichts der bevorstehenden Ereignisse niemand so recht finden konnten. Am Abend tritt die Kompanie mit Eintritt der Dunkelheit an und marschierte mit Musik zum Bahnhof. Zuvor hatten sich viele Angehörige auf dem Kasernenhof eingefunden, um die Soldaten zu verabschieden. Der letzte Vorbeimarsch am Bataillonskommandeur an der Ehrensäule. Die Kompanien beziehen fliegergedeckte Aufstellung in der Nähe des Bahnhofs. Gegen Mitternacht wurde die 5. Kompanie verladen und gegen 2:00 Uhr am 27. August 1939 verließ der Zug Hanau - mit unbekanntem Ziel. Auf Zwischenstationen wurden die Soldaten herzlich begrüßt. Mittags wurde der Zug in St. Wendel entladen (andere Teile -ohne mot.- der 15.I.D. in Ottweiler, Wemmetsweiler, Lebach, Schiffweiler, Eppelborn und Tholey). Nach kurzer Rast und Verpflegung marschierte die Kompanie in großer Hitze in Richtung Saarbrücken. Die freundliche Bevölkerung erleichterte den Soldaten den Marsch und gab ihnen Erfrischungen. Die 5. Kompanie bezog schließlich abends gegen 23:00 Uhr ein Massenquartier in einem Saal in Fischbach. Am Morgen des 28.8. (Montag) marschierte sie wieder los, um die Bunkerstellung an der Saar (Burbacher Hütte) zu beziehen. Einweisungskommandos waren schon einige Stunden vorher vorausgesandt worden. Gegen 13:00 Uhr war das Ziel nach vorher eingelegter Verpflegungsrast erreicht. Der erste und zweite Zug der 5. wurde auf die Bunker verteilt, während der 3. Zug in den Häusern von Burbach untergebracht wurde. Die Einwohner waren noch anwesend und nahmen die Soldaten mit großer Gastfreundschaft auf. In den Bunkern herrschte teilweise eine brütende Hitze, viele waren auch noch nicht fertig gestellt und mussten nun von den Soldaten in harter Arbeit noch in Verteidigungszustand gebracht werden. Außerdem wurden ab sofort Feldstellungen ausgebaut. Das III. Bataillon des I.R. 88 musste das Schussfeld freimachen. Bei Mobilmachung der 15. I.D. entstanden neben dem II./IR106 und dem III./IR81 auch die rückwärtigen Dienste (Versorgungstruppen): - Verwaltungsdienste (Verpflegungsamt, Bäckereikompanie, Schlächtereizug) - Sanitätsdienste (1. + 2. Sanitätskompanie, Feldlazarett) - Veterinärdienste (Veterinärkompanie) - Nachschubdienste (bespannte Kolonne, motorisierte Kolonne, Werkstattkompanie) - Betriebsstoffkolonne - Feldpostamt - Feldgendarmerie Die Aufklärungsabteilung (AA) 15 wurde vom aktiven Kavallerieregiment 3 in Göttingen gebildet und wurde der 15. I.D. direkt am Westwall im Divisionsabschnitt Buss (heute: Bous) - Burbach zugeführt, wo bereits das I.R. 81 seit Mitte August mit Schanzarbeiten und Sicherungsaufgaben betraut war. Der Abschnitt beinhaltete große Industrieanlagen, Hütten und Gruben; ferner gingen riesige Bergabau- und Arbeitersiedlungen ineinander über. Orte mit Einwohnerzahlen zwischen 7000 und 25000 waren nicht selten. Auch das westliche Drittel von Saarbrücken lag im Divisionsabschnitt. Nach und nach wurde die Zivilbevölkerung aus diesem Bereich evakuiert. Es flossen viele Tränen. Kinder, Kranke und Greise wurden zuerst abtransportiert, dann schlossen sich alle übrigen zu großen Marschblöcken zusammen, um sich ins Hinterland zubegeben. Dies war für viele Soldaten der erste enste Eindruck des Krieges. Alle drei Infanterieregimenter (81, 88, 106) wurden in vorderster Linie des etwa 15 km breiten Abschnitts eingesetzt. Hauptkampflinie (HKL) war das Westufer der Saar, verstärkt durch zahlreiche betonierte Beobachtungsstände und Unterstände des Westwalls. [Quelle 1] Seitens der Divisionsführung wurde besonders im Abschnitt des I.R. 81 eine beschleunigte Fertigstellung der Westwallanlagen verlangt. Der Regimentsgefechtsstand der 81er lag in Engelfangen. Besonders auf die Bunker Nr. 333 und 335 mit Stahlglocke wurde besonderen Wert gelegt. Der Divisionsgefechststand befand sich am 28. August 1939 in Bietschied. Der Feldgendarmerie- zug 15 war in Kutzhof und der Stellungsgeschützzug mit 8,8 cm Flak in Lebach stationiert. Das Verpflegungsamt 15 befand sich -mit Ausgabestelle - ab dem 27. August 1939 in Remmes- weiler, die Bäckereikompanie buk ab dem 30. August 1939 in Niederlinxweiler; am gleichen Tag trat auch der Schlächtereizug im Schlachthof St. Wendel in Aktion. Der Krankenwagenzug der Division Nr. 2/15 hatte am 26. August Hilgenbach erreicht. In Hanau und Aschaffenburg waren die Krankenwagenzüge 1 und 2 nnerhalb nur 8 Stunden aufgestellt worden. Das Feldlazarett 15 lag ursprünglich in Mainz-Gonzenheim und war nach drei Tagen marschbereit. Es kam zusammen mit dem Kraftwagenzug 1 nach Ottweiler und traf dort am 28. 8. um 10:00 Uhr ein. Die Sanitätskompanie 1 war innerhalb von nur zwei Tagen in Bad Homburg aufgestellt worden und wurde zunächst im Krankenhaus Fischbach eingesetzt. Die San.Kp.2 - in Frankfurt in nur 8 Stunden aufgestellt - fand zusammen mit dem Krankenwagenzug 2 in Hilschbach-Ziegelhütte ihren Wirkungsbereich. Im gesamten Divisionsbereich des Westwalls standen im August/September 1939 keinerlei Sanitätsstollen, San.-Bunker oder ähnliche Bauten für Sanitätszwecke zur Verfügung. In Ottweiler bedurfte es der besonderen Hartnäckigkeit und Mutes des Divisionsarztes, um eine von der Gestapo beschlagnahmte Aufbauschule für den Einzug des Feldlazarettes freizumachen. Innerhalb von 8 Tagen war das Feldlazarett dort so eingerichtet, dass es fast allen Ansprüchen genügen konnte. Aus der evakuierten Zone wurden an Ort und Stelle Matratzen, Decken und Bettstellen organisiert. Der Divisionskommandeur und der Armeearzt waren sich in ihrem Urteil darüber einig, dass es sich beim Feldlazarett Ottweiler um das am besten eingerichtete Feldlazarett der 1. Armee handelte. Der HVP (Hauptverbandplatz) der Division war mit der San.Kp. 1/15 im Knappschafts- krankenhaus in Quierschied untergebracht. In Ottweiler befand sich neben dem Feldlazarett auch der Pionierpark der 1. Armee sowie eine Eisenbahntankstelle, die zweitweise auch die 15. I.D. mit Diesel und Benzin versorgte. Teile des Verpflegungstrosses der 15. I.D. lagen in Mainzweiler. [Quelle 59] Das Art. Rgt. 51 wurde durch eine schwere Heeresartillerieabteilung verstärkt. Für die Artillerie- Aufklärung war die Beobachtungsabteilung 15 eingesetzt. Sie verließ bald die Division und wurde Heerestruppe. Die A.A. 15 besetzte im Vorfeld des Divisionsabschnitts eine dünne Sicherungslinie (zusammen mit dem III. Grenzschutzbataillon 132), die die Orte Differten, Ludweiler und Clarenthal mit einschloss. Feuerstellungen für schwere Infanteriewaffen und die Artilleriegeschütze waren noch nicht ausgebaut. [Quelle 1] Die erste Kriegsstellung der 15. I.D. an der Saar  (Quelle: Divisionsgeschichte Willemer [1] ) Lage, Verlauf und bauliche Entwicklung des Westwalls [Quelle: sansculotte@despammed.com] Der Ort Buss (heute Bous), im Hintergrund die Saar (Aufnahme aus den 1950er Jahren). Hier lag die linke Grenze des Divisionsabschnitts. [Quelle: www.alt-bous.de] Westwall Saar Beobachtungsabteilung 15  Warndt Bous Die Burbacher Hütte, Aufnahme ca. von 1938, im Vordergrund die Saar. Reservisten Evakuierung der Zivilisten Versorgungstruppen Kavallerie Burbacher Hütte Verlegung Luftschutzwache Soldaten aus dem Zug Paesler (14./88) in einem Pakbunker an der Gersweiler Brücke in Saarbrücken Ein Soldat aus dem Zug Paesler (14./88) in einem Pakbunker an der Gersweiler Brücke in Saarbrücken Unteroffizier Zettel (14./88), genannt "Der Pavian" Pak-Bunker Gersweiler Brücke Truppenkennzeichen Beobachtungsabteilung 15 (Quelle: http://www.wwiidaybyday.com) Vorübungen Reichsparteitag Spitznamen der Soldaten Telefondienst Divisionsgefechtsstand Feldlazarett Hauptverbandsplatz