Die 15. Infanteriedivision im Zweiten Weltkrieg Stellungskämpfe am Donez (20.4. - 8.9. 1943) Nachdem die eigenen Angriffe eingestellt wurden, richtete sich die 15. Infanteriedivision in der erreichten Linie zur Verteidigung ein. In den folgenden Wochen und Monaten sollte es zu einem Stellungskrieg kommen, der “im Vergleich zu den Kämpfen vorher und nachher als “ruhig” bezeichnet werden muss.” (Willemer [1], S. 134) Der Donez war im Abschnitt der 15. I.D. ohne Furt und somit vollständig panzersicher. Er bildete ein beträchtliches Hindernis, da auch nach der Hochwasserperiode das ufernahe Gelände von vielen toten Flussarmen, Altgewässern und Sümpfen durchzogen war. Das sumpfige Gelände sollte in den folgenden Monaten noch eine ganz andere Gefahr für die Soldaten bringen: Die Mückenplage nahm zu, und viele erkrankten an Malaria. Ansonsten war das ganze Donezgebiet - wie die ganze Ukraine -  relativ waldarm, so dass das Holz rationiert werden musste, damit nicht die für die Tarnung der Artilleriestellungen und für die Feldküche notwendigen Waldstücke völlig abgeholzt wurden. Andererseits waren aber gerade die Uferabschnitte des Donez von dichten Auwäldern umgeben, die gute Gelegenheiten für den nächtlichen Übergang von Stoßtruppunternehmen boten. Die Flussniederung wurde beiderseits vom umgebenden Gelände um 50 bis 100 Meter überragt. Das Gelände bestand aus weitläufigen Höhenzügen und Tälern, die oft durch kilometerlange Balkas (kanon-artige Regenrinnen mit einer Tiefe bis zu 15 Metern) durchschnitten wurden. Die Balkas stellten einerseiets ein wirksames Panzerhindernis dar, andererseits boten sie gute Schlupfwinkel für schwere Waffen, Soldaten und Stäbe. Vor den Kampfanlagen musste oftmals meterhohes Unkraut, das die freie Sicht auf das Schussfeld behinderte, abgemäht oder niedergetreten werden. In Frontnähe war das Land versteppt. Oft befanden sich auf den Höhen 4 bis 6 Meter hohe Grabhügel, die als Beobachtungsstellen sehr begehrt waren. Sie wurden auf den Lagekarten mit Sternchen gekennzeichnet, daher wurden solche Höhen oft “Sternchenhöhen” genannt. Zwar hatte man auf den Höhen eine sehr große Fernsicht, jedoch war das Gelände von gewölbten Hängen durchzogen, so dass die Soldaten in der Stellung bzw. im Liegen trotzdem nur begrenztes Schussfeld und eingeschränkte Beobachtungsmöglichkeiten hatten. Die im Divisionsabschnitt vorhandene Schwarzerde ermöglichte einen vergleichsweise raschen Stellungsbau, da sie dem Spaten wenig Widerstand bot, aber dennoch standfest war. Dennoch kam es vereinzelt zu Einstürzen in den Kampfanlagen, da mitunter heftige Regenfälle auftraten. Quelle:  [ 1 ] Der damalige Unteroffizier Rudolf Welsch (12./81) berichtete, dass bei diesen Regenfällen die Gräben regelrecht geflutet wurden. “Alles schwamm einem entgegen. Ausrüstung, Zeitungen, Stroh, Klamotten, Abfall - und auch die Latrine.” Quelle:  [ 44 ] Nur wenige Kilometer hinter der Front bestellte die Zivilbevölkerung das Land mit Weizen, Mais und Sonnenblumen. Nur aus den frontnahen Dörfern war die Bevölkerung entfernt worden. Hartnäckig und ohne Angst vor den Gefahren durch den Beschuss, versuchte sie, auch dorthin wieder zurückzukehren. Die Panjehäuser wurden vollkommen aus Lehm errichtet und mit einem Strohdach versehen. Sie boten auch den Soldaten wirksamen Schutz vor Splittern, da die Wände dick genug ausgeführt waren. Im Gegensatz zu Nord- und Mittelrussland waren Wanzen in der Ukraine nur selten anzutreffen. Zu vielen Orten gehörten ausgedehnte Obstgärten, die - ein Zeichen für die Planwirtschaft - alle gleichmäßig angelegt waren. In diesem Gelände und unter diesen Voraussetzungen grub sich die 15. I.D. in den erreichten Stellungen ein. Ein durchgängiger Graben entstand, bald darauf ein zweiter weiter hinten. Riegelstellungen wurden geschaffen, ebenso eine Artillerieschutzstellung. Es entstanden Stützpunkte mit für manche Soldaten so wohlklingenden Namen wie Frankfurt, Hanau und Kassel. Die Unterstände waren zunächst nur splittersicher ausgeführt, später wurden sie miniert. Drahthindernisse und Minenfelder wurden an den wichtigsten Stellen angelegt. Manche Balkas wurden verlängert und zu Panzergräben ausgebaut. Wechselstellungen für die Artillerie wurden vorbereitet. Auch die Trosse und Versorgungstruppen der Division halfen mit. das Pionierbataillon 15 legte Minen, besorgte das Minieren und richtete Materialdepots in jedem Regimentsabschnitt ein, in denen Spanische Reiter hergestellt und das Rundholz vorbearbeitet wurde. Das Bauholz wurde eigens aus den waldreichen Gebieten Mittelrusslands den Dnjepr abwärts geflößt. Im zweiten Graben wurden gepanzerte M.G.-Stände (Fertigteile) eingebaut. So wuchs die Widerstandskraft dieser von der Division so genannten “Festung am Donez” mehr und mehr. Die 1. Panzerarmee baute hinter dem Divisionsabschnitt inzwischen die Berekastellung aus. Parallel zu diesen Stellungsbauten wurde die Truppenausbildung fortgesetzt. Bei den Regimentern und im Feldersatzbataillon wurden Spezialkurse abgehalten. “Die Versorgung war auf allen Gebieten ausreichend. Hinter der Front entstanden Erholungsheime; KdF-Trupps und Frontkinos sorgten für Anregung und Unterhaltung. Die Urlaubsquote betrug, soweit erinnerlich, 10 %.” (Willemer [1], S. 135) Auch die Gefechtsstärke hob sich wieder: Genesende kehrten nach und nach zurück, und am 7. Mai 1943 traf ein Marschbataillon mit Ersatzmannschaft ein. Gemäß einer Zusammenstellung der 1. Panzerarmee verfügte die 15. I.D. am 5. Juli 1943 über: 7 starke Bataillone mit über 400 Mann 2 mittelstarke Bataillone (300 - 400 Mann) 1 mittelstarkes Pionierbataillon 30 mittlere Pak 11 schwere Pak 12 Pak auf Selbstfahrlafette 36 Geschütze 10,5 cm 12 schwere Geschütze Die Kampfstärke der 15.I.D. wurde von der Armee als “zum Angriff bedingt geeignet” eingestuft. Intensive Propagandatätigkeit auf beiden Seiten setzte ein. Lautsprecher dröhnten und Flugblätter wurden abgeschossen. Die Russen hatten die 15. I.D. am Donez mit der Durchsage empfangen: “Wir begrüßen die 15. Division und ihren Kommandeur Buschenhagen und versprechen, ihr noch mehr Verluste zuzufügen als 1941 im Jelnja-Bogen.” Quelle:  [ 1 ] Der damalige Feldwebel Hermann Seum (Zugführer in der 12./ G.R. 81) erinnerte sich an diese “Botschaft” in seinem Abschnitt: “Soldaten der 15. Division! Eure Kameraden fielen in Mogilew, Jelnja und an der Nara. Ihr aber sterbt am Donez!” “Im Gegensatz zur russischen blieb die deutsche Propaganda, gestützt auf den Namen Wlassow, nicht ohne Erfolg. Eine ganze Anzahl Überläufer stellte sich ein.” (Willemer [1], S. 138) Quellen:  [ 1, 2 ] Der russische General Wlassow wechselte nach seiner Gefangenname bei Leningrad die Seiten und baute eine russische Befreiungsarmee in deutschen Diensten auf. Er hatte sich auf russ. Seite in der Schlacht um Moskau im Winter 1941 ausgezeichnet. Wlassow wurde 1946 in der Sowjetunion als Verräter hingerichtet und sein Name aus den Geschichtsbüchern getilgt. vergl. Quellen:  [ 10, 28 ] Trotz des Ausbleibens von größeren Angriffen bedeutete dies nicht, dass die Kampftätigkeit an der Front eingestellt wurde. Die Artillerie der Russen schoss zwar wenig und tagsüber war es an der Front meist ruhig. Auch gab es nur geringe Scharfschütztätigkeit (nur an den wenigen Grabenstücken, an denen sich die Gegner gegenseitig sehen konnten und die Hangwölbung dies nicht verhinderte). Doch sobald es dunkel wurde, begann die Zeit der Späh- und Stoßtrupps. “Leuchtpatronen stiegen auf, die russischen Posten verschossen ihre vorgeschriebene Anzahl von Leuchtspurgeschossen, und mit kurzen Feuerüberfällen versuchten beide Gegner, den Essenholern, den Ablösungen und den Schanzarbeitern Verluste zuzufügen. Fast jede Nacht brachte einige Ausfälle.” (Willemer [1], S. 136) Die Stoßtrupps waren für die Divisionsführung wichtig, weil auch an ruhigen Fronten laufend Klarheit über das Feindbild herrschen musste. Standen feindliche Angriffe bevor ? Die Stoßtruppunternehmen wurden oft wochenlang vorbereitet. Meist wurden die Teilnehmer aus der Front gezogen, damit sie an rückwärtigen Grabenstücken, die den feindlichen Stellungen nachgebildet waren, üben konnten. In allen Bataillonsabschnitten wurden derartige Unternehmen vorbereitet. Dennoch hatten nicht alle Stoßtruppunternehmen Erfolg, denn natürlich war auch der Gegner wachsam, so dass mitunter schmerzliche Verluste eintraten. “Aber nach und nach gewann die eigene Infanterie die Überlegenheit in dieser Kampfart, und mehr und mehr wurden die russischen Stoßtrupps zusammengeschossen. Im Kriegstagebuch der 1. Panzerarmee finden sich über die Stoßtrupptätigkeit im Abschnitt der 15. I.D. in der Zeit vom 6.7. bis 18.7. 1943 folgende Angaben: 6.7.: Stoßtrupp des G.R. 88 stellt südostwärts Wetrowka starke feindliche Besetzung fest. 7.7.: Im Abschnitt G.R. 88 südostwärts Tschepel feindlicher Stoßtrupp abgewiesen. 8.7.: G.R. 106 weist feindlichen Stoßtrupp ab. 9.7.: Im Abschnitt G.R. 81 südostwärts Sadonetzki feindlicher Spähtrupp abgewiesen. 10.7.: Nördlich Protopopowka feindlicher Stoßtrupp abgewehrt. 12.7.: Bei G.R. 88 Abwehr eines feindlichen Stoßtrupps 13.7.: Auf rechtem Flügel G.R. 88 feindlicher Spähtrupp abgewiesen 14.7.: Bei Tschepel Stoßtrupp abgewehrt. 15.7.: Eigener Stoßtrupp ostwärts Tschepel erfolgreich 17.7.: Südostwärts Sadonetzki Feind in Kompaniestärke eingesickert 18.7.: G.R. 81 zerschlägt eingesickerten Feind südostwärts Sadonetzki, dabei 40 Feindtote.” (Willemer [1], S. 136 / 137) Eine besondere Bedeutung hatte die Stoßtrupptätigkeit Ende Juni / Anfang Juli 1943, da die 1. Panzerarmee den Auftrag hatte, von der großen deutschen Sommeroffensive weiter nördlich, dem am 4.7. beginnenden Unternehmen “Zitadelle”, abzulenken. Die Stoßtruppunternehmen waren Teil eines zeitlich genau abgestimmten, großangelegten Täuschungsmanövers, für das u.a. diese Maßnahmen angewandt wurden: Erhöhte Stoßtrupptätigkeit Verlegung der Sturmgeschützabt. 203 und einer Flakbatterie in den Divisionsabschnitt Unterbringung der 17. Panzerdivision hinter der Front der Division Einsatz von Panzererkundungskommandos (in schwarzer Uniform) in vorderer Linie Bereitlegen von Übersetzmaterial in Frontnähe Durchführung von Marschbewegungen frontwärts (tagsüber), ausgeführt meist von Trossen und Versorgungstruppen Erhöhte Feuertätigkeit der Artillerie mit Einschießen neuer Batterien (der Division wurde hierfür eine leichte und eine schwere Abteilung zusätzlich unterstellt) Den Soldaten der 15. I.D. wurden all diese Maßnahmen als Vorbereitungen für einen tatsächlich stattfindenen Angriff dargestellt. Dies war wichtig, falls ein gegnerischer Stoßtrupp Gefangene machte und diese verhörte. “Nach Angabe des Armee-Kriegstagebuches hatte das Täuschungsmanöver den gewünschten Erfolg.” (Willemer [1], S. 137 Quelle:  [ 1 ] Hierbei muss angemerkt werden, dass Willemer zu Beginn der 50er Jahre, als er das Manuskript der Divisionsgeschichte verfasste, sicherlich noch nicht die Informationen über das Unternehmen “Zitadelle” hatte, die heute bekannt sind. Die geschichtliche Forschung geht heute allgemein davon aus, dass der Sowjetunion die deutschen Angriffspläne für “Zitadelle” vorzeitig bekannt gewesen sind (durch Verrat oder entschlüsselte Funksprüche). Insofern könnte es sich auch um ein Täuschungsmanöver der Sowjets gehandelt haben, wenn sie auf die Täuschungen der Deutschen im Abschnitt der 1. Panzerarmee / 15. I.D. eingingen. In jedem Fall führte der verstärkte deutsche Artillerieeinsatz zu erheblichen Verlusten beim Gegner. Wuchtige Feuerstöße durch Zusammenfassung von bis zu allen fünf Abteilungen sorgten für explodierende Munitionsstapel, zerstörte Brücken und getroffene Batteriestellungen, wie durch Gefangenenaussagen und Luftbildauswertungen bestätigt wurde. “Die Bekämpfung der Donezbrücken erfolgte meist als Fliegerschießen durch schwere Kaliber, die der Streuung wegen in Verlängerung der Brücken in Stellung gingen. Freilich bewies das Luftbild des nächsten Tages, dass die russischen Pioniere die zerstörte Brücke mit der ihnen eigenen Geschicklichkeit bereits wiederhergestellt hatten.” (Willemer [1], S. 138) Der 2. Generalstabsoffizier (I b) Major d.R. Breidenstein verließ die 15. I.D. in diesem Sommer, um I a einer Division in Frankreich zu werden. Sein Nachfolger wurde der Oberleutnant d. R. Dr. Gerloff. Quelle:  [ 1 ] Die hohen Verluste im Jahr 1943 machten wiederum eine recht große Ersatzzuführung erforderlich. Dabei wurde oft die unzureichende Qualität dieser Soldaten von den Truppenführern bemängelt. Hauptmann Stalmann, der Bataillonskommandeur der II./G.R. 106, nahm in einem Schreiben an die Regimentsführung dazu und allgemein zur Anhebung der Kampfkraft der Infanterie Stellung. Das Schreiben wurde schließlich später bis zum Korps hochgereicht. Anbei einige Auszüge aus dieser -wie Divisionskommandeur Buschenhagen sie nannte- "Stimme der Front" vom 16. Juli 1943: "Betr.: Vorschläge zur Hebung der Kampfkraft der Infanterie. Die Vorschrift sagt, dass die Infanterie die Königin aller Waffen sei, dass sie die Hauptlast der Kämpfe trage und ihr deshalb auch der größte Ruhm gebühre. Dieser Satz ist in diesem Kriege besonders durch die Kämpfe im Osten immer wieder aufs Neue erhärtet worden. Dieser Satz beantwortet aber auch schon die Frage, wie die Kampfkraft der Infanterie zu heben sei:    Diejenige Waffe, die die Hauptlast des Kampfes trägt, muss also auch die besten Soldaten       haben. Bei einem Vergleich des Menschenmaterials der einzelnen Waffen wird jedoch die Infanterie (ich meine hier in erster Linie die nicht-motorisierte Infanterie) außergewöhnlich ungünstig abschneiden. Die Gründe hierfür sind: 1. Die Zuführung von Ersatz, der in keiner Weise den Anforderungen an der Front gewachsen ist. 2. Fast völliger Mangel an Freiwilligen. Ersatz: Die erste Voraussetzung für eine sofortige Hebung der Kampfkraft der Infanterie ist also eine sofortige bevorzugte Behandlung in der Zuführung von Ersatz. Hierin müssen meines Erachtens  alle übrigen Waffen vor der Infanterie zurücktreten. Der Infanterist ist derjenige, an den die größten körperlichen Anforderungen gestellt werden. Er muss neben den körperlichen Qualitäten jedoch auch geistig zum mindesten durchschnittlich veranlagt sein. Ein geistig unterdurchschnittlich veranlagter Mensch wird nie in der Lage sein, die verschiedenartigen, wertvollen und teilweise komplizierten Waffen und Nahkampfmittel [...] so zu bedienen und anzuwenden, dass ihr Einsatz im richtigen Verhältnis zum Erfolg steht. Der Infanterist ist einer der wenigen Soldaten, der unabhängig von der Maschine, sehr oft völlig auf sich selbst gestellt, kämpfen muss. Er ist derjenige, auf den sich die Wirkung sämtlicher feindlicher Waffen konzentriert. Dabei ist er gegen alle diese Waffen gleich verwundbar, wohingegen alle anderen Waffen nur ihre speziellen Gegner haben, so z.B. der Panzer den feindlichen Panzer und die feindliche Pak, der Flieger den feindlichen Flieger und die feindliche Flak usw., das heißt also, dass der Infanterist neben den oft unwahrscheinlichen körperlichen Anstrengungen auch den größeren moralischen Belastungen ausgesetzt ist. Das verlangt also, neben der geistigen und körperlichen Qualität, Männer mit starkem Herzen. Die große Mehrzahl der Leute meines Bataillons, das über die Hälfte aus Ersatz besteht, der seit dem März dieses Jahres [1943] eigetroffen ist, sind diesen Anforderungen in keiner Weise gewachsen. Bei diesem Werturteil lasse ich die teilweise erschreckenden Mängel in der Ausbildung schon außer Acht. Als Beweis nehme ich einige Beispiele: Im Bataillon, das eine Grabenstärke von 357 Mann hat, befinden sich 133 Leute über 30 Jahre, zum großen Teil kommen diese Leute von Landesschützenverbänden, haben nie einen scharfen Schuss erlebt, haben nie eine grundlegenede infanteristische Ausbildung gehabt, sind meist mit körperlichen Fehlern behaftet, wie Rheuma, erhebliche Fußleiden, Herzschwäche usw. Sehr viele von ihnen sind nur g.v.F. [=garinsonsverwendungsfähig Feld]. Geistig sind sie sehr oft nicht mehr aufnahme- und begeisterungsfähig genug, um das was sie lernen müssen, unter den schwierigen Ausbildungsverhältnissen bei dem monatelangen Einsatz im Graben in sich aufzunehmen. Die Lage erfordert das Durchführen von Stoß- und Spähtrupps. Ich erwarte von einem 38-jährigen, durch den Beruf schon abgearbeiteten, mit körperlichen Fehlern und Krankheiten behafteten Mann, der zu Hause eine Frau und mehrere Kinder hat, nicht, dass er in der Lage ist, die ihm gestellten Aufgaben bei einem Späh- oder Stoßtrupp auch nur hinreichend zu lösen. Ich bin also beim Durchführen von Späh- und Stoßtrupps auf die wenigen, kampferprobten, körperlich leistungsfähigen und geistig intelligenten Soldaten angewiesen, die das Rückgrat des Btl. darstellen. Es befinden sich beim Bataillon einige Leute, die nicht nur als militärisch wertlos bezeichnet werden müssen, sondern, die sogar eine Belastung der Truppe darstellen. Einige Beispiele [Nachfolgende Namen wurden im Original genannt, werden hier jedoch anonymisiert, d. Verf.]: 1. Grenadier H., geb. 14.08.1908 [ 34 Jahre alt] Er wurde am 19.3.1943 vom Gr.Ers.Btl.697, Diedenhofen, zum Bataillon versetzt. Er leidet an einem Herzfehler, hat starke Atembeschwerden und ist körperlich derart abgearbeitet, dass er nur zu leichten Arbeiten herangezogen werden kann. Geistig ist er unterdurchschnittlich veran- lagt. 2. Grenadier V., kam am 15.4.43 vom Gren.Ers.Btl. 132, ung. Hradisch (Böhmen-Mähren) zum Bataillon. Er hatte eine Kreuzlähmung mit bleibender Kreuzbeinkrümmung. Während seiner Anwesenheit bei der Truppe hat er einmal die Sprache verloren. Laut ärztlichen Urteil ist er mit leichtem Schwachsinn behaftet und körperlich ist er derart elend, dass er fast zu keiner Arbeit zu verwenden ist. 3. Obergefreiter Josef M., kam am 30.6.43 zum Bataillon. Er war beim Armeestreifendienst als Kraftfahrer eingesetzt. Als Infanterist nicht zu verwenden, da er infolge eines Schädelbruchs keinen Stahlhelm tragen kann und ferner an einem Lungenriss leidet. Dem Bataillon wurden fernerhin in dieser schwierigen Zeit, in der es fast völlig an Uffz. mangelte, solche von rückwärtigen Einheiten zugewiesen. Auch diese standen in ihrer Qualität weit unter dem Durchschnitt. Freiwillig hatte sich keiner von ihnen zur Infanterie gemeldet. Beispiele: 1. Ein Uffz., älterer Jahrgang, seit Beginn des Krieges als Koch im Küchenwagon von Urlauber- zügen tätig, als solcher zum Unteroffizier befördert. Ausbildung: Gewehr 98. Er musste sofort in der HKL eine Gruppe übernehmen, kam jedoch mit der Erwartung, wieder als Küchen-Uffz. verwandt zu werden. 2. Ein Uffz., älteren Jahrgangs, bisher als Schirrmeister bei einer Fahrkolonne tätig, kommt von vorneherein mit dem Antrag, wiederum als Schirrmeister verwendet zu werden, da er von der Infanterie keine Ahnung habe. 3. Ein Feldwebel, mehr als 5 Dienstjahre, abgesehen von einer kurzen Grundausbildung aus- schließlich als Rechnungsführer bisher verwandt, völliger Mangel an infanteristischer Ausbildung, niemals eine Gruppe, geschweige denn einen Zug geführt. Er musste sofort einen Zug in der vorderen Linie übernehmen und ist bis heute noch nicht den Anforderungen eines Zugführers der Infanterie gewachsen. Freiwillige: Ich hörte einmal die Äußerungen eines Infanteristen, die lautete: “Wenn mein Sohn einmal freiwillig zur Infanterie geht, werde ich ihn enterben.” Diese an sich scherzhaft gemachte Äußerung hat meiner Ansicht nach doch einen ernsten Hintergrund. Die Gründe für die Einstellung dieses Mannes, der, so weit ich mich erinnere, ein ausgezeichneter Soldat war, werde ich später beleuchten. Jedenfalls ist mir klar, dass nach der augenblicklichen Einstellung der wehrfähigen Jugend für ihn nicht die Gefahr besteht, dass sich sein Sohn freiwillig zur Infanterie meldet. Ich glaube, dass die Infanterie diejenige Waffe ist, die zur Zeit am wenigsten Freiwillige aufweisen kann. Ich schließe hierbei selbstverständlich Eliteformationen wie “Großdeutschland”, “Waffen-SS”, “Rgt. Feldherrenhalle” usw. aus. Worin liegt der Grund für die Einstellung der Jugend ? Nicht etwa darin, dass es ihr an Kampfgeist, Tapferkeit, Ehrgeiz und Zähigkeit fehlen würde. Der Junge weiß aus den Erzählungen der Väter, aus Berichten von älteren Kameraden und aus eigener Anschauung, dass vom Infanteristen unheimliche körperliche Strapatzen verlangt werden, ehe er überhaupt Gelegenheit hat, seinen Schneid und seine Tapferkeit zu beweisen. Er weiß wohl, dass der Infanterist als Kämpfer in der vorderen Linie besondere Achtung verdient, und dass er reichlich Gelegenheit hat, seinen Schneid und seine Tapferkeit zu beweisen. Er weiß aber auch, dass er diese Gelegenheit in demselben, ja oft noch in größerem Maße, als Flieger, Panzermann oder Sturmgeschützler hat, ohne dass damit körperliche Strapatzen und Entbehrungen verbunden sind. Er ist meist technisch eingestellt und ihm imponiert neben der Tapferkeitstat des Fliegers oder Panzermannes auch noch die technische Leistung, die dieser Soldat zu vollbringen hat. Auf den Ruhm, etwa 1000 km marschiert zu sein, verzichtet er gern. Er sieht täglich in Presse und Wochenschau, dass er beispielsweise als Jagdfleiger in ritterlichem Einzelkampf fast mehr Aussichten hat, seine Tapferkeit, seinen Mut und seine Geschicklichkeit zu beweisen, ohne die körperlichen Strapatzen und die zermürbenden und widrigen Begleiterscheinungen, die der Infanterist in und außerhalb des Kampfes in Kauf zu nehmen hat, als bei der Infanterie. Die hohe Zahl der Ritterkreuzträger der Luftwaffe und die unwahrscheinlich schnellen Aufstiege einzelner Fliegerhelden beweisen ihm das. Psychologisch gesehen muss dem Jungen ja auch - um ein anderes Beispeil zu nehmen - eine vorbeirollende Abteilung schwerer Panzerwagen mehr imponieren als eine verstaubt und erschöpft vorbeiziehende Schützenkompanie. Weitere Gründe werden ihn abhalten, sich freiwillig zur Infanterie zu melden: Der Infanterist kommt oft in die Lage, wo er Wochen, ja Monate an einer verhältnismäßig ruhigen Kampffront in vorderster Linie liegt. In diesen langen Zeiträumen zwischen den entscheidenden Schlachten ist er jedoch trotz der Ruhe aufs Höchste in Anspruch genommen. Er befindet sich ständig in unmittelbarer Lebensgefahr, lebt meist unter primitiven Verhältnissen, verbringt jede Nacht dicht am Feinde auf Posten unter Anspannung seiner Nerven, dauernd in dem Bewußtsein, dass er derjenige ist, der den ersten Ansturm des angreifenden Feindes aufzuhalten hat, dauernd dem feindl. Artillerie- und Granatwerferfeuer ausgesetzt, und doch spricht kein Mensch davon. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass der Infanterist die vorderste Linie zu besetzten und zu halten hat, es gibt für ihn weder eine Gefahrenzulage noch etwa ein Abzeichen, dass er für diesen aufreibenden Einsatz bekäme. Es ist für ihn eine Zeit ohne große Ereignisse und ohne Aussicht auf Auszeichnungen und doch angefüllt mit nervenaufreibendem, anstrengendem Dienst, während die Kameraden der Panzerdivisionen in Ruhe liegen, um sich für den nächsten Einsatz vorzubereiten. Bei einem Angriff hat er [der Infanterist] als erster dessen ganze Wucht auszuhalten. Bricht der Feind durch, so wird er durch die bereitgehaltenen Panzerkräfte wieder herausgeworfen. Der Erfolg kann dann nicht der Infanterist buchen, der wochen- und monatelang die Stellung hielt, sondern die ausgeruhten Panzerdivision, die den Feind zurückdrängte und zerschlug. All diese Momente haben nicht selten zur Folge, dass der Infanterist das Gefühl hat, als ob seine Leistungen nicht die Anerkennung finden, die sie verdienen, er fühlt sich gegenüber seinen Kameraden der motorisierten Waffen als zweitrangig. Darunter leidet dann seine Kampfmoral und - begeisterung. Es ist Tatsache, dass jeder Soldat der anderen Waffen vor den Leistungen des Infanteristen eine unbegrenzte Hochachtung hat - das habe ich persönlich aus manchen Gesprächen und Bemerkungen mit Angehörigen der Panzerwaffe, Luftwaffe usw. entnehmen können - aber diese Hochachtung ist vermischt mit einer Art von Mitleid, das meist in der Äußerung ihren Ausdruck findet: “Ihr armen Schweine!” Die oben gemachten Ausführungen sind meines Erachtens die Hauptgründe für den Mangel von freiwilligen Meldungen zur Infanterie. [...] “ Quelle:  [60]   Anlage 2 der Anlage 79a zum Kriegstagebuch der 15. I.D. (I a) vom 16.5.43 - 31.8.43                      (NARA T315, R662, Schriftstück Nr. 901 ff.) Scherl Bilderdienst Generalleutnant Wlassow, der Vorsitzende des Befreiungskomitees für die Völker Russlands, spricht an der Ostfront zu Ostfreiwilligen. PK-Aufnahme 18.11.1944 (Quelle: Bundesarchiv Bild Nr. 183-J28172) Russisches Flugblatt Seite 1 Russisches Flugblatt Seite 2 Russisches Flugblatt Seite 1 Russisches Flugblatt Seite 2 Offiziere der 14. /G.R. 88 am Donez: Oberleutnant Wendland ganz links, daneben Leutnant Jahn. Zweiter von rechts Hedicke, rechts daneben ein unbekannter Soldat. „Der Kommandant von Schreckenstein“ - April 1943 – Einsatz am Donez“ („Schreckenstein“ (Deckname) war ein vom Gegner einsehbarer Abschnitt). Der spätere Kompanieführer Hedicke im Graben. Feldwebel Trauschel (14./88) am Donez im April 1943 – "Schreckenstein"-Abschnitt Im "Schreckenstein"-Abschnitt der 14. /G.R. 88 im April 1943 am Donez Nahkampfwaffen der 14./G.R. 88 Nahkampfmittel der Panzerjägerkompanie 14./ G.R. 88 Riegelstellung Artillerieschutzstellung Ukraine Panjehäuser Stellungsbau Zigaretten Marke "Eckstein" Schützengraben Festung am Donez Gefechtsstärke Spähtrupps Täuschung Verstärkter Artillerieeinsatz Überläufer Unzureichender Ersatz Kaum Freiwillige