Die 15. Infanteriedivision im Zweiten Weltkrieg Schwere Kämpfe an der Nara 2.11.1941 bis 6.12.1941 Ende Oktober 1941 hatten die Infanteriedivisionen an die Panzerspitzen an der Nara und vor Moskau aufgeschlossen. Notdürftig war die Versorgung im Bereich der Heeresgruppe Mitte wieder aufgefüllt worden. Sie wollte das einsetzende Frostwetter ausnutzen, um nun auf den wieder befahrbaren Wegen zur entscheidenden Offensive gegen Moskau anzutreten. Auf der Gegenseite hatte jedoch Marschall Schukow eine neue Front aufgebaut, der ständig neue Kräfte auch aus dem fernen Osten zuflossen. Beide Seiten rüsteten zu neuen Schlägen. Die deutschen Panzergruppen stellten sich zum Angriff bereit. Das Ziel hieß für alle Moskau, nur die Wege der einzelnen Panzergruppen sollten sich unterscheiden. Über Tula, Rusa und Klin sollte der Großraum Moskau erreicht werden. Im Gegensatz zu den Panzergruppen sah sich die 4. Armee nicht mehr in der Lage, einen geschlossenen Angriff zu führen. Zu erschöpft waren ihre Verbände, zu groß waren die Verluste in den letzten Wochen. Die 4. Armee wollte daher nur durch Einzelaktionen verhindern, dass der Gegner Kräfte vor ihrer Front abzog. Die 15. I.D. wurde nachts vom 2. auf den 3.11.1941 im Brückenkopf Tarutino auf dem Ostufer der Nara eingesetzt; sie löste dort die 98. I.D. und Teile der 34. I.D. ab. Das Infanterieregiment 88 wurde als Korpsreserve zurückgehalten. [vergl. Quellen 1 und 28]     Zunächst war der gegenüberliegende Feind nicht stark und an Artillerie unterlegen. Doch ständig flossen ihm neue Kräfte zu. Bald ging er zu Stoßtruppunternehmen und örtlichen Angriffen über. Immer mehr Batterien begannen zu feuern. Im November setzte der Winter mit sehr tiefen Temperaturen ein. Am 11. November wurden bereits -20 Grad gemessen. Die deutschen Soldaten hatten jedoch -von wenigen Ausnahmen abgesehen- keine Winterbekleidung, deshalb waren feste und heizbare Unterstände sehr wichtig. Es bereitete allerding größte Schwierigkeiten diese anzulegen, denn der Boden war bereits 25 cm tief gefroren. Auch die Versorgung gestaltete sich zunehmen schwieriger. “Vorräte konnten nicht gebildet werden, man lebte von der Hand in den Mund.” (Willemer [1], S. 63). Im Brückenkopf bei Tarutino war die 15. I.D. wie folgt gegliedert und eingesetzt: Rechts: II./81 und III./81 (I./81 in Reserve; es löste am 7. und 8. 11. das III./81 ab) Links: II./106 und III./106 in der Front (I./106 baute eine Riegelstellung am Westufer der Nara auf) Dem A.R. 15 wird SFH-Abt. 506, Mörser-Abt. 858 und Beobachtungs-Abt. 7 unterstellt Die Unterstellung der Mörserabteilung brachte den Vorzug mit sich, dass deren schwere Zugmaschinen eingesetzt werden konnten, um die Batterien nach vorne in Stellung zu bringen. Ohne die Zugmaschinen der Mörserabteilung wäre dies nicht möglich gewesen. Unter dem Befehl des A.R. 15 war die starke Artillerie der Division am 22.11. wie folgt gegliedert: Rechte Gruppe: Stab A.R. 15 mit II. und III./15, I./51, Mörser 858 Linke Gruppe: Stab II./41 mit I./15, IV./198, II./41 Die Abwehrkämpfe wurden immer verlustreicher. Hauptmann Messinger (Kommandeur II./106) wurde verwundet; das III./106 wurde aufgelöst, weil die Gefechtsstärken zu sehr abgesunken waren. Die Soldaten des III. Bataillons flossen den anderen beiden Bataillonen zu. Das Kriegstagebuch des I./81 vermerkte am 17.11.1941, dass bei der 4. Kompanie die letzten Unteroffiziere ausgefallen seien und die Züge und Gruppen nunmehr von Mannschaftsdienstgraden geführt würden. Maschinengewehrbedienungen seien z.T. nur noch drei Mann stark. Das I. Bataillon hatte noch eine Gefechtsstärke von 247 Mann. Die Quartiermeisterabteilung hatte in dieser Zeit schwierige Aufgaben zu lösen. Noch immer war Hauptmann Backhaus eingesetzt, um steckengebliebene und später festgefrorene Fahrzeuge wieder flott zu machen und heranzuholen. Alle Fahrzeuge bedurften der Überholung. Die Versorgungswege waren lang. Eine Ausgabestelle war in Smolensk, was eine Fahrtstrecke hin und zurück von 350 km bedeutete. Beschaffungsaktionen für Wintersachen wurden initiiert, ebenso wurden Fertigungsstätten für Schlitten, Filzstiefel (sog. Walinkis), Tuchhandschuhe und weiterer Winterausrüstung in Gang gebracht. Am 1. Dezember 1941 wurde die 15. I.D. in ihren Stellungen durch die 98. I.D. abgelöst und in den Raum nördlich Borowsk-Jermolino verlegt. Der 15. I.D. wurde in Aussicht gestellt, Armeereserve zu werden und so eine längere Ruhezeit zu bekommen. Das I.R.88 wurde in dieser Zeit zweimal außerhalb der Division an “Brennpunkten” eingesetzt: Am 15.11. 1941 hatte der Gegner beim rechten Nachbarkorps (XIII., General Felber) im Abschnitt der 17. Infanteriedivision einen tiefen Einbruch erzielt. Daraufhin wurde das I.R. 88 zum XIII. Armeekorps in Marsch gesetzt, um die Lücke zu schließen. Der Gegenangriff erfolgte am 17.11. um 10:00 Uhr aus der Bereitstellung bei Kurkino (rechts III./88, links I./88; II./88 in Reserve) und wurde durch zwei schwere Batterien der 17. I.D. und durch die “Panzergruppe Schmidt” (in Stärke einer schwachen Panzerabteilung) unterstützt. Das Waldgelände war unübersichtlich, dennoch kam der Angriff zunächst gut voran. Doch plözlich stieß Major Schmidt mit dem III./I.R. 88 auf starken Widerstand. Der Gegner unternahm einen Gegenangriff mit Panzerunterstützung. Dem III./I.R. 88 fehlte der Anschluss nach rechts. Dennoch setzte sich der Angriff des Bataillons - durch eigene Panzer wirksam unterstützt - allmählich durch. Das Angriffsziel, der Bahnhof Ras Burikowo, wurde um 13.00 Uhr genommen und die Wegegabel 700m ostwärts des Bahnhofs wurde erreicht. Auch das I. Bataillon erreichte ihr Angriffsziel (den Ort Burinowo). [vergl. Quelle 1] Auf dem linken Flügel des I./88 war eine Lücke zum Nachbarn entstanden, die der Gegner sofort zu Flankenangriffen ausnutzte. Der Regimentskommandeur Oberst von Zangen spielte nun seinen Trumpf aus: Mit dem bisher in Reserve gehaltenen II. Bataillon konnte er die Lücke schließen und den eingedrungenen Feind zurückwerfen. Am Abend des Kampftages war innerhalb der 17. I.D. wieder eine durchlaufende Front hergestellt. In den Tagen zwischen dem 18. und dem 24. November wehrte das I.R. 88 in dieser Stellung zahlreiche Feindangriffe ab. Mehrere Stoßtruppunternehmen wurden durchgeführt mit dem Ziel, dem Gegner das Vorfeld abzuringen. Dies gelang, die Angriffkraft der Russen war gebrochen und die Stellung war fest in eigener Hand. Am 25.11. wurde das Regiment durch Teile der 263. I.D. abgelöst. Die Bilanz des Angriffs zeigt die Schwere des Kampfes auf: Eigene Verluste: 90 Gefallene und 170 Verwundete Feindverluste: 521 gezählte Tote, 35 Gefangene Beute: 5 Geschütze und Pak, sowie 42 Maschinengewehre Der Einsatz der I.R.88 fand hohe Anerkennung beim Korpskommandeur General Felber und auch beim Oberbefehlshaber der 4. Armee, Generalfeldmarschall von Kluge. Der Regimentskommandeur Oberst von Zangen erhielt das Ritterkreuz für seine umsichtige Führung. Das Regiment erhielt danach nur wenige Tage Ruhe, denn bald wurde es für einen Angriff der 19. Panzerdivision (General von Knobelsdorff) unterstellt. [vergl. Quelle 1] Der damalige Funker Karl Schäfer (I.R.88) erinnert sich: “Der Einsatz in Ras-Burikowo, wo ein tiefer Einbruch der russ. Armee bei der 17. Division bereinigt werden musste, war besonders verlustreich und blutig für beide Truppenteile und insbesondere für die russ. Armee, die ihre Soldaten in Wellen in den Tod trieben. Die frisch eingesetzten russ. Verbände hatten Winterkleidung, gute Waffen und gute Kampfmoral. Unser Einsdatz wurde von Panzern unterstützt. Der einsetzende Winter machte unseren Soldaten, die keinerlei Winterbekleidung hatten, sehr zu schaffen.” [Quelle: 67] Anfang Dezember 1941 stand die nun in “4. Panzerarmee” umbenannte, bisherige Panzergruppe 4 in schweren Angriffskämpfen auf Moskau. Um sie zu entlasten, sollte ein Angriff mit begrenztem Ziel über die Nara nordostwärts Romanowo geführt werden. An diesem Angriff waren Teile der 19. und 20. Panzerdivision beteiligt. Das I.R. 88 sollte nun, durch Teile der 20. P.D. unterstützt, zunächst Klowa nehmen und anschließend der 19.P.D. die Straße Malojaroslawetz-Podolek (Podolsk?) öffnen. Zur Unterstützung wurde die I. Abteilung des A.R. 15 und Teile des A.R. 19 angesetzt. General von Knobelsdorf schrieb über den Angriff (wiedergegeben in der Divisionsgeschichte (Willemer [1], S. 67 u. 68)): “Das Regiment wurde auf dem Westufer der Nara in den dort vorhandenen Stellungen bereitgestellt. Soweit ich mich erinnere, standen zwei Bataillone in vorderster Linie, eines in Reserve dahinter. Es herrschte klarer Frost, zeitweise leichter Schneefall, bis zu 15 Grad Kälte. Der Angriff begann nach kurzer Artillerievorbereitung gegen 8:00 Uhr. Das Regiment gelangte im ersten Anlauf über den zugefrorenen Fluss bis in die feindlichen Stellungen, nahm sie und stieß dem weichenden Russen sofort nach. Das Panzerregiment der 20. PzDiv war weiter nördlich über die Nara gegangen und stieß an den Waldrändern und auf Waldwegen auf Klewa vor. Obwohl es unter russischen Minen und Panzern zu leiden hatte, erleichterte es das Vorankommen des I.R. 88 wesentlich, da die Russen die Flankenbedrohung fürchteten und schneller nachgaben. Es gelang dem I.R. 88 in einem Anlauf, ohne sich aufhalten zu lassen, in kühn geführtem Angriff die Gegend um Klowa zu nehmen und den Russen erhebliche Verluste zuzufügen. Nach Erreichen von Klowa wurde zunächst angehalten, da ein weiterer Angriff erst möglich war, nachdem die Artillerie vorgezogen worden war. Inzwischen waren entgegengesetzte Befehle eingegangen. Es wurde von der Armee angeordnet, den Angriff nicht fortzusetzen, sondern sich darauf einzustellen, in der kommenden Nacht über die Nara zurückzugehen. Im Laufe des Tages hat das Regiment verschiedene russische Angriffe abgewehrt, wobei der Russe erhebliche Verluste erlitt. Es erhielt dann den Befehl, mit Beginn der Dämmerung in die Ausgangsstellung zurückzugehen. Dieser Auftrag wurde in größter Ordnung, ohne Verluste von Gerät, unter Mitnahme sämtlicher Verwundeter und Gefallener durchgeführt und war bald nach Mitternacht beendet. Am nächsten Morgen war noch kein Russe an der Nara zu sehen. Das Regiment hatte ihm durch seinen mit großem Schwung durchgeführten Angriff solchen Respekt eingeflößt, dass er sich in den nächsten Tagen außerordentlich vorsichtig verhielt. Das Regiment hat die im Rahmen der 19. Pz.Div. gestellte Aufgabe zu größter Zufriedenheit aller Vorgesetzten erledigt, die über den Angriffsschwung des Regimentes nach den vorausgegangenen schweren Zeiten und Anstrengungen des Lobes voll waren.” Diesen Erfolg hatte das I.R. 88 jedoch wiederum mit erheblichen Verlusten bezahlen müssen. Ein Bataillonskommandeur, Hauptmann Scholz, wurde verwundet. Alle acht am Angriff beteiligten Kompaniechefs waren tot oder fielen verwundet aus. Die Gefechtsstärken waren so weit abgesunken, dass das I. Bataillon aufgelöst werden musste. [vergl. Quelle 1] Der Funker Karl Schäfer schreibt über diese Kämpfe: “Als Funktrupp war ich dem I. Batl. zugeteilt. Nach Bereitstellung überschritten wir das Eis der Nara, nahmen den Ort Dlevna (?) ein und erkämpften in der im Schnee dunklen Kleidung eine Höhe und ein Waldstück über der Nara. Dieser Einsatz war besonders verlustreich. Neben mir ist der Batl.-Kommandeur Scholz verwundet worden. Als wir am Waldrand waren, hatte das Batl. keinen Offizier mehr! Alle waren gefallen oder verwundet. In der Nacht erhielt ich  den kaum zu entschlüsselnden Funkspruch des Rückzuges in der Nacht. Zuvor hatte der mir zugeteilte Melder aus einer russ. Stellung einen Angriff auf meine Funkstelle abgewehrt und aus dem Unterstand zahlreiche Gefangene herausgeholt. Der Rückmarsch über die Nara war unmenschlich und sehr schwierig.” [Quelle: 67] Das vom Wald umgebene Burinowo, Angriffsziel des I./88 am 17. November 1941 (Quelle: Google Earth) Die Situation an der Nara (Quelle: Divisionsgeschichte Willemer [1])