Die 15. Infanteriedivision im Zweiten Weltkrieg Der Westfeldzug Teil 2 : “Fall Rot” Der Angriff über die Aisne am 9. 6. 1940 und der kämpfende Vormarsch nach Süden Nach dem -abgesehen von den in Dünkirchen entkommenen Engländern- erfolgreichen Abschluss der ersten Phase des Westfeldzuges (Fall “Gelb”), sollte nun die zweite Phase (Fall “Rot”) erfolgen. Dazu sollte die Heeresgruppe B (und kurz darauf auch die Heeresgruppe A) ausgehend von der Südflanke des zum Kanal durchgestoßenens Panzerkeils (”Sichelschnitt”) nach Süden vorstoßen und so u.a. die verbliebenen französischen Kräfte im ostfranzösischen Raum zwischen der Schweiz und der Deutschen Grenze einschließen. Die 15. I. D. war Teil der Heeresgruppe A unter Generaloberst von Rundstedt. [ vergl. Quellen: 19, 20  ] Gegenüber der 15. I.D. lag die französische 45. I.D. in einem etwas breiteren Abschnitt. Am ersten Angriffstag trafen die Stoßgruppen I.R. 88 und I.R. 106 lediglich auf drei französische Bataillone (zwei aus dem franz. I.R. 113 und eines aus dem franz. I.R. 51). Dennoch erwies sich der Angriff als schwierig, da eine unüberssichtliche Flußniederung mit einem zweifachen Wasserhindernis (der Fluss Aisne und der Aisne-Kanal) überwunden werden mussten. Anschließend musste auf dem Höhengelände südlich der Aisne noch am ersten Angriffstage Raum nach Süden gewonnen werden. Die französischen Verteidiger hatten sich indes gut zur Verteidigung einrichten können und ihre Stellungen entsprechend ausgebaut. Auch war die französische Artillerie entsprechend ihrer Tradition stets ernst zu nehmen. [ Quelle: 1 ] Der Plan der 15. I.D. sah vor, I.R. 88 und 106 scharf am rechten Flügel zusammenzufassen, wobei der Schwerpunkt beim I.R. 88 liegen sollte; dieses Regiment erhielt einen schmaleren Angriffsabschnitt. Nur schwache Teile des I.R. 81 sicherten eine breite Lücke auf dem linken Flügel (zwischen I.R. 106 und der Nachbardivision 34. I.D.), was angesichts der Schwerpunktbildung in Kauf genommen werden musste. Die Masse des I.R. 81 und alle übrigen Divisionsverbände wurden zur Verfügung der Division gehalten. Nur das Pionierbataillon 15 hatte die spezielle Aufgabe, die Infanterie mit Floßsäcken über die Aisne und über den Aisne-Kanal zu setzen. Sehr wichtig war überdies die unversehrte Inbesitznahme der Kanalbrücke bei Pontavert und der Bau einer Kriegsbrücke über die Aisne. Die Divisionsartillerie wurde für den Angriff umgruppiert und von weiteren unterstellten Heeresartillerieeinheiten sowie dem A.R. 295 unterstützt. Genaue Feuerpläne wurden mit den Infanterieregimentern abgestimmt. Dafür musste das Gefechtsfeld intensiv erkundet und entsprechend aufwändige Nachrichtenverbindungen zwischen den Einheiten hergestellt werden. Für den Angriff wurde der Division ein Artilleriekommandeur (Oberst Marlow) zugeteilt und unterstellt. Ursprünglich sollte der Angriff ohne Artillerievorbereitung erfolgen, um die Überraschung zu wahren. Aufgrund schlechter Erfahrungen bei den zuvor erfolgten Angriffen der Heeresgruppe B befahl Gen. Oberst von Rundstedt bereits am 6.6.1940, Artillerievorbereitungen für die Dauer einer halben Stunde bei Einsatz einer halben ersten Munitionsausstattung zu treffen. Am 8.6.1940 traf der Angriffsbefehl ein. Der Gefechtsstand der 15. I.D. befand sich im ehemaligen Craonne, ein Dorf, das im 1. Weltkrieg zerstört wurde und nicht wieder aufgebaut wurde. (Willemer weist auf ein Hinweisschild mit der Aufschrift “Craonne” hin). Das Dorf lag an dem nach Osten abfallenden Ende des “Chemin de Dames” - eine höhergelegene Landschaft, die im 1. Weltkrieg heftig umkämpft war. Von dieser Stelle aus hatte man einen guten Überblick auf die feindseitigen Höhen südlich der Aisne. Doch am Angriffsmorgen des 9. Juni war das Gelände in der Dämmerung nicht einzusehen, und in den Niederungen des Aisne-Tals lag dichter Nebel. Um 5:00 Uhr begann das mächtige Vorbereitungsfeuer der Artillerie. Die Infanteristen und Pioniere begannen um 5:30 Uhr mit dem Übersetzen über die Aisne, nachdem sie sich vorher unter dem Artillerie-Feuerschirm bis an den Fluss herangearbeitet hatten. Beiden Infanterie- Regimentern gelang es auf Anhieb, auf dem gegenüberliegenden Ufer Fuß zu fassen. Feldwebel Lang (Pi. Btl.15) warf sich mit seinem Stoßtrupp auf die Kanalbrücke bei Pontavert und brachte sie unversehrt in seinen Besitz. Trotz starken Feindfeuers wurden Zündleitungen und Sprengladungen beseitigt und ein kleiner Brückenkopf gebildet. Als erster Soldat der 15. I.D. erhielt Feldwebel Lang das Ritterkreuz. Als sich der Nebel im Aisne-Tal gegen 8:30 Uhr langsam auflöste, versteifte sich der Widerstand der französischen Verteidiger. Dennoch konnte sich das I.R.88 nach Süden bis an den Rand von Roucy vorkämpfen; die Dörfer und die Höhen südlich davon wurden kurz darauf ebenfalls genommen. Die vordersten Teile standen am Abend an den Höhen von Bourbogne.   Das I.R. 106 kam zunächst ebenfalls gut vorwärts, bekam aber bald Flankenfeuer aus dem Wald von Gernicourt und blieb vor Bouffignereux liegen. I.R. 81 erhielt daraufhin den Auftrag, das Waldgelände zu säubern. Die Durchführung erwies sich angesichts der Dichte des Waldes, der zahlreichen Baumschützen und vieler geschickt eingebauter M.G. als äußerst schwierig. Erst am Abend erreichten die vordersten Teile des I.R. 81 den Südrand des Waldes, allerdings war das Gelände immer noch nicht völlig feindfrei. Jedoch konnte das I.R. 106 weiter vorstoßen und schloss zum I.R. 88 auf. Am Ende des ersten Angriffstages zeugen 600 Gefallene und Verwundete von der Schwere der Kämpfe. Als einzige Division der 2. Armee hatte sich die 15. I.D. einen festen Übergang über die Wasserläufe erkämpft. Da jedoch die erbaute Kriegsbrücke über die Aisne gegenüber der eroberten Kanalbrücke um ca. 1000 m versetzt waren, ergaben sich gefährliche Querwege, was jedoch von den Franzosen aufgrund der kaum in Erscheinung tretenden französischen Luftwaffe nicht ausgenutzt wurde.  Am 10.6.1940 wurde die 15. I.D. dem IX. Armeekorps (General Geyer) unterstellt. Diese Korps führte im östlichen Teil des Divisionsabschnitts die 205. I.D. nach und setzte sie später links von der 15. I.D. ein. Rechter Nachbar wurde die 5. I.D., der die 293. I.D. als zweites Treffen folgte. I. R. 88 und 106 kamen gut voran, I.R. 81 war zunächst noch in der schwierigen Säuberung des Waldgeländes gebunden. Am Abend erreichte die Division die Höhen auf dem Nordufer der Vesle. Der Tag kostete die 15. I.D. 56 Gefallene, 64 Vermisste und 111 Verwundete. Die Vesle wurde am 11.6. 1940 überschritten. Nachmittags kam es bei allen Regimentern zu harten Kämpfen. I.R.88 konnte dabei rechts nur 4-6 km Raum nach Süden gewinnen, das linke Flügelregiment I.R.81 stieß bei Omes, 4 km südlich der Vesle, auf feindliche Infanterie und Artillerie. Auch Panzer traten -wohl nur zu Aufklärungszwecken- auf. Durch einen Angriff kam das I.R. 81 bis etwa Bezannes, 1-2 km weiter. Ähnlich verhielt es sich in der Mitte des Angriffstreifens beim I.R. 106. Von einem Durchbruch der 15.I.D. konnte also an diesem Tag nicht die Rede sein. 350 Gefallene, Vermisste und Verwundete waren zu beklagen. Der Dvisionsstreifen war rechts durch einen Höhenrand begrenzt, der sich von nordwestliche in südöstliche Richtung zog. Das sich an die Vesle anschließende Gelände flachte sich nach Reims hin ab. Aus einem erbeuteten Befehl ergab sich, dass die Franzosen das weitere Gelände in drei Verteidigungslinien mit schwerpunkt Reimser Bergwald hartnäckig verteidigen wollten. Dennoch setzte sich der Gegner in der Nacht unerwartet ab und erst bei Anäherung an den Reimser Bergwald kam es am 12.6.1940 wieder zu härteren Kämpfen. Der Feind wurde geworfen und in der Nacht verfolgt. Davon unabhängig hatte sich der Kommandeur I.R. 106 dazu entschlossen, in der Nacht den Reimser Bergwald in einem kühnen Unternehmen zu durchstoßen. Dies gelang, obwohl sich im Wald noch sehr viele generische Soldaten befanden. Auch die A.A.15 stieß durch den Wald, mit Zielrichtung Eperny. Sie drehte am Südrand des Bergamassivs nach Osten ein und erreichte so den Anschluss an die übrigen Teile der Division. Am 13.6. schlossen alle übrigen Teile der Division im Streifen zwischen der Marne und des Bergwalds auf. Vom Südufer der Marne schoß französische Artillerie herüber. Die 15. I.D. bereitete den Angriff über den Fluss für den nächsten Tag vor. Man rechnete mit starkem Widerstand, was sich aber nicht bestätigen sollte, die Franzosen hatten die Stellungen nachts geräumt. Da die Brücken über die Marne sämtlich gesprengt waren, musste man den Flussübergang mit Behelfsmitteln erzwingen. Besonders erfindungsreich erwiesen sich hierbei eine leichte Abteilung des A.R. 15 und die IV./A.R. 51, die aus Pressstrohballen einen Brückendamm bauten. “Oberstleutnant Hirt standen bei diesem Anblick die Haare zu Berge” (Zitat Willemer [1]), als dieser mit an sah, wie sämtliche Fahrzeuge und schwere Geschütze über diesen Damm hinüberschwankten. Doch alles ging gut. Nachdem das letzte Fahrzeug übergesetzt hatte, wurde der Damm vom angestauten Wasser weggeschwemmt. Am 14.6. um 11:00Uhr erreichte die Division die Straße Chalons - Montmirail und wenig später die Straße Chalons -Troyes. Am Abend stand die Masse der 15. I.D. östlich der letztgenannten Straße, und die A.A. 15 hatte bereits Coole (45 km südöstlich Tours) erreicht. Damit hatte die Verfolgung des sich ständig zurückziehenden Gegners begonnen. Die französischen Soldaten waren geschlagen und demoralisiert, leisteten aber örtlich noch erbitterten Widerstand. Es wurde eine Vorausabteilung (A.A. 15 und Pz.Jäg.Abt. 15) gebildet. Am 15.6. erkämpfte sich die A.A. 15 zusammen mit einem behelfsmäßig motorisiertem Bataillon des I.R. 106 den Übergang über die Aube bei St. Nabord. Am 16. 6. wurde die Seine bei Troyes erreicht (Troyes war bereits teilweise von Westen her durch Einheiten der Panzergruppe Kleist eingenommen). Mittags blieb die A.A.15 südlich der Seine vor einem Waldkomplex liegen Oberleutnant Möller (O1 im Divisionsstab) durchstieß mit Kradschützen und einem Pakzug das Waldgelände in Richtung auf Tonerre und schuf so die Voraussetzungen für die Gefangennahme starker Feindkräfte; er erhielt dafür das zweite Ritterkreuz der Division. Durch erbeutete Fahrzeuge und Fahrräder “motorisierten” sich die Einheiten zunehmend und versuchten so, den Anschluss an die Vorausabteilungen zu halten. Als der Feldzug am 22.6. endete, stand die 15.I.D. im Raum Nevers. Seit Beginn des Angriffs (Fall Rot) waren 240 Soldaten der Division gefallen, 98 wurden vermisst, 1012 wurden verwundet.         [ Quelle: 1 ]                 Ehemaliges Dorf Craonne, damals Divisionsgefechtsstand der 15.I.D. vor dem Angriff am 9.6.1940 Die Angriffe nach Süden (Fall Rot) [Quelle: Department of History, United States Military Academy] Der Angriff über die Aisne im Rahmen von "Fall Rot" [Quelle: Willemer [1]] In einem französischem Straßenkaffee (Soldaten der 8. / I.R. 81) Bestandsaufnahme der M.G.-Munition bei der 8. / I.R. 81 Verlassener französischer Panzer auf der Marschstraße der 15. I.D. Französische Kriegsgefangene, beobachtet von Hermann Seum (8./81) Aisne Gefechtsstand Vorbereitungsfeuer Verluste Troyes Chemins de Dames Angriffsplan Nevers